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Zitierung: BVerfG, 1 BvL 28/95 vom 17.12.2002, Absatz-Nr. (1 - 147), http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Frei für den nicht gewerblichen Gebrauch. Kommerzielle Nutzung nur mit Zustimmung des Gerichts.
L e i t s a t z
zum Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2002 Die in den §§ 35 und 36 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) enthaltene Ermächtigung derKrankenkassenverbände, für Arznei- und Hilfsmittel Festbeträge festzusetzen, ist mit dem Grundgesetzvereinbar.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvL 28/95 -- 1 BvL 29/95 -- 1 BvL 30/95 - Verkündetam 17.12.2002SommerJustizobersekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle Im Namen des Volkes
In den Verfahren
zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
I. ob die in § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) den Spitzenverbänden der Krankenkassen eingeräumte Befugnis, für Arzneimittel Festbeträge festzusetzen, mitArt. 12, Art. 20 und Art. 80 GG vereinbar ist - Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 (3 RK 20/94) - II. ob die in § 36 in Verbindung mit § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) den dort genannten Körperschaften eingeräumte Berechtigung, für HilfsmittelFestbeträge festzusetzen, mit Art. 12, Art. 20 und Art. 80 GG vereinbar ist - Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 (3 RK 21/94) - III. ob die in § 36 in Verbindung mit § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) den dort genannten Körperschaften eingeräumte Berechtigung, für HilfsmittelFestbeträge festzusetzen, mit Art. 12 und Art. 20 GG vereinbar ist - Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 (3 RK 23/94) - hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html des Präsidenten Papier,der Richterinnen Jaeger,Haas,der Richter Hömig,Steiner,der Richterin Hohmann-Dennhardtund der Richter Hoffmann-Riem,Bryde auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2002 durch Die in § 35 und in § 36 in Verbindung mit § 35 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - GesetzlicheKrankenversicherung - vom 20. Dezember 1988 (Bundesgesetzblatt I Seite 2477) den dort genanntenVerbänden eingeräumte Ermächtigung, Festbeträge festzusetzen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Gründe:
Die Verfahren betreffen die so genannten Festbeträge für Arzneimittel (1 BvL 28/95), für Hörhilfen (1 BvL 29/95) und für Sehhilfen (1 BvL 30/95). Mit Festbeträgen wird in der gesetzlichen Krankenversicherung dererstattungsfähige Höchstbetrag für ein Arznei-, ein Heil- oder ein Hilfsmittel festgesetzt. Kostet ein zu Lastender gesetzlichen Krankversicherung ärztlich verordnetes Mittel mehr, so sind die den Festbetragübersteigenden Kosten vom Versicherten selbst zu tragen.
Das Bundessozialgericht hat in drei Vorlagen seine Auffassung niedergelegt, dass die einschlägigen Vorschriften nicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen.
Gegenstand der Verfahren sind Normen aus der Ursprungsfassung des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung -, das als Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im
Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) erlassen
wurde und zum 1. Januar 1989 in Kraft trat. Die Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel sind in § 35 SGB V
geregelt, die Festbeträge für Hilfsmittel finden ihre Grundlage in § 36 SGB V, teilweise unter Bezugnahme auf
§ 35 SGB V. Die Regelungen sehen ein neuartiges Instrumentarium zur Bestimmung von Preisgrenzen bei
Inanspruchnahme verordneter Dienstleistungen und Sachmittel vor. Mit dem Mittel der Festbeträge soll den
steigenden Kosten im Bereich der Arznei-, Heil- und Hilfsmittel entgegengewirkt werden; daneben trifft das
Gesetz weitere Vorkehrungen mit Einspareffekten in Form des Ausschlusses einzelner Mittel vom
Leistungskatalog (§ 31 Abs. 1 i.V.m. § 34 SGB V) und der Zuzahlung oder Selbstbeteiligung (§ 31 Abs. 2
SGB V). In späteren Reformgesetzen ist das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch Arznei-,
Verband- und Heilmittelbudgets sowie durch die Möglichkeit zum Regress gegenüber den Vertragsärzten bei
Überschreitung dieser Budgets ergänzt worden (§ 84 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 19.
Dezember 1998 <BGBl I S. 3853>).
1. Diese gesetzlichen Bemühungen wollen einem Strukturdefizit der gesetzlichen Krankenversicherung entgegenwirken: Nach dem Sachleistungsprinzip müssen die Krankenkassen Aufwendungen tragen, die vonje unterschiedlichen Dritten beansprucht, verordnet, hergestellt und angepasst werden. Weder für Versichertenoch für Ärzte besteht ein Anreiz für eine kostengünstige Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln.
Solange für die nachfragenden Patienten die Preise ohne Belang sind, besteht auch für die Hersteller keinAnlass zum Preiswettbewerb (vgl. Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen,Jahresgutachten 1987, S. 89 Rn. 220). Mit den Festbeträgen soll den Versicherten ein Anreiz für die Wahlkostengünstiger Arznei- und Hilfsmittel gegeben werden; bei den Leistungserbringern, vor allem bei den http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Pharmaunternehmen, sollen Anreize zu einem wirksamen Preiswettbewerb gesetzt werden. Die Versicherten erhalten nicht mehr jedes verordnete Arzneimittel kostenfrei, sondern nur noch jene Mittel, derenPreis den Festbetrag nicht überschreitet. Teurere Mittel können weiterhin verordnet werden, die Versichertenmüssen die Differenz zum Festbetrag jedoch selbst tragen.
Das Instrument der Festbeträge setzt bei den bestehenden Markt- und Preisverhältnissen vor In-Kraft- Treten des SGB V an. Die Festbetragsfestsetzung beruht nach den §§ 35, 36 SGB V auf einerGruppenbildung. Bei den Arzneimitteln werden durch den Bundesausschuss der Ärzte und KrankenkassenArzneimittel mit denselben und solche mit vergleichbaren Wirkstoffen sowie solche mit vergleichbarerWirkung, bei den Hilfsmitteln durch die Spitzenverbände der Krankenkassen die in ihren Funktionengleichartigen Mittel zusammengefasst. Für die jeweiligen Gruppen werden dann aus den vorgefundenenPreisspannen die Geldbeträge festgesetzt, mit denen einerseits eine ausreichende medizinische Versorgunggewährleistet, andererseits aber Preiswettbewerb unter den Herstellern möglich werden soll. Dies geschiehtfür die Arzneimittel durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, für die Hilfsmittel durch dieLandesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam.
Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel (1) Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen bestimmt in den Richtliniennach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträgefestgesetzt werden können. In den Gruppen sollen Arzneimittel mit 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mitchemisch verwandten Stoffen, 3. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondereArzneimittelkombinationen, zusammengefaßt werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicherArzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. Dienach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, daßTherapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendigeVerordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppensind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig istund die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen,bedeuten. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen ermittelt auch die nachAbsatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderengeeigneten Vergleichsgrößen.
(2) Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft undPraxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vorder Entscheidung des Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben;bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auchStellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. DieStellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) Die Spitzenverbände der Krankenkassen setzen gemeinsam und einheitlich denjeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oderEinzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. Die Spitzenverbände derKrankenkassen gemeinsam können einheitliche Festbeträge für Verbandmittelfestsetzen. Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html (4) Ein Festbetrag für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1)kann erst drei Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittelsfestgesetzt werden.
(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende,zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgunggewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einenwirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichstpreisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten. Bei der Festsetzung vonFestbeträgen für Arzneimittel ist grundsätzlich von den preisgünstigenApothekenabgabenpreisen in der Vergleichsgruppe auszugehen; dabei istsicherzustellen, daß eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl möglich ist.
Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeignetenZeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.
(6) Für das Verfahren zur Festsetzung der Festbeträge gilt § 213 Abs. 2 und 3.
(7) Die Festbeträge sind im Bundesarbeitsblatt bekanntzumachen. Klagen gegen dieFestsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahrenfindet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderengeeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteileder Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
(1) Die Spitzenverbände der Krankenkassen bestimmen gemeinsam und einheitlichHilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen in ihrer Funktiongleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefaßt werden. DenVerbänden der betroffenen Leistungserbringer und den Verbänden der Behinderten istvor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmensind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassengemeinsam setzen für die nach Absatz 1 bestimmten Hilfsmittel für den Bereich einesLandes einheitliche Festbeträge fest. Für Brillengestelle und Brillengläser sindgetrennte Festbeträge festzusetzen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) § 35 Abs. 5 Satz 1, 2 und Satz 4 zweiter Halbsatz sowie Abs. 7 gilt.
(4) Für das Verfahren nach Absatz 1 und 2 gilt § 213 Abs. 2 entsprechend.
Spitzenverbände der Krankenkassen nicht einigen können (§ 35 Abs. 6 SGB V) und auch keinMehrheitsbeschluss zustande kommt. Das Verfahren zur Festsetzung der Festbeträge für Arznei- undVerbandmittel richtet sich nach § 213 Abs. 2 und 3 SGB V, dasjenige zur Festsetzung der Festbeträge fürHilfsmittel nach § 213 Abs. 2 SGB V.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html (2) Die Spitzenverbände sollen sich über die von ihnen nach diesem Gesetzgemeinsam und einheitlich zu treffenden Entscheidungen einigen. Kommt eineEinigung nicht zustande, erfolgt die Beschlußfassung durch drei Vertreter derOrtskrankenkassen einschließlich der See-Krankenkasse, zwei Vertreter derErsatzkassen und je einen Vertreter der Betriebskrankenkassen, derInnungskrankenkassen, der landwirtschaftlichen Krankenkassen und derBundesknappschaft. Beschlüsse bedürfen der Mehrheit der in Satz 2 genanntenVertreter der Spitzenverbände. Das Verfahren zur Beschlußfassung regeln dieSpitzenverbände in einer Geschäftsordnung.
(3) Kommen die erforderlichen Beschlüsse nicht oder nicht innerhalb einer vomBundesminister für Arbeit und Sozialordnung gesetzten Frist zustande, entscheidet derBundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerfür Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und dem Bundesminister für Wirtschaft;einer Fristsetzung bedarf es nicht, soweit die Spitzenverbände die Festbeträge für die in§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 genannten Arzneimittel nicht bis zum 30. Juni 1989 festgelegthaben. Die Entscheidung ist im Bundesarbeitsblatt bekanntzumachen.
Die Normen über die Festsetzung der Festbeträge werden durch ein modifiziertes Recht des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse flankiert; als Alternative zur Sachleistung kann er Teil-Kostenerstattungverlangen. Außerdem ist der Vertragsarzt bei der Verordnung hochpreisiger Arznei- und Hilfsmittel zu einemHinweis verpflichtet: (2) Ist für ein Arznei- oder Verbandmittel ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt, trägt dieKrankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Für andere Arznei- oderVerbandmittel trägt die Krankenkasse die vollen Kosten abzüglich der vom Versichertenzu leistenden Zuzahlung.
(2) Ist für ein erforderliches Hilfsmittel ein Festbetrag nach § 36 festgesetzt, trägt dieKrankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Für andere Hilfsmittelübernimmt sie die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html (5) . Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnungergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.
2. Seit der Ursprungsfassung wurden die §§ 35 und 36 SGB V mehrfach geändert. Die Neuregelungen bewirkten teilweise eine gesetzliche Konkretisierung der Vorgaben für die Festbetragsermittlung. Wegen derverfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Problematik hat der Gesetzgeber mit dem Festbetrags-Anpassungsgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1948), bezogen auf den Teilbereich der Arzneimittel, dieFestbetragsfestsetzung Bundesministeriums für Gesundheit vorbehalten; die Regelung ist bis zum 31. Dezember 2003 befristet.
In den Ausgangsverfahren sind Festbetragsfestsetzungen aus dem Bereich von Arzneimitteln, Hörhilfen und Brillen streitig, die von den Sozialgerichten erster und - soweit darüber entschieden wurde - auch zweiterInstanz nicht beanstandet worden sind. Das vorlegende Bundessozialgericht sieht die Klagen in denAusgangsverfahren als zulässig an, hält aber die §§ 35, 36 SGB V als Festbetragsfestsetzung für verfassungswidrig.
1. Arzneimittelfestbeträge (1 BvL 28/95) a) Die erste nach Einführung der Festbetragsregelung getroffene Festsetzung vom 19. Juni 1989 (BArbBlatt 1989, Heft 7-8, S. 50 ff.) betraf unter anderem den Wirkstoff Nifedipin, ein Therapeutikum zur Behandlungkoronarer Herzkrankheiten, das bis 1985 unter Patentschutz stand. Es war zu dieser Zeit der umsatzstärksteArzneimittelwirkstoff im Markt der gesetzlichen Krankenversicherung. An dem Umsatzvolumen von etwa 511Mio. DM waren Generika-Anbieter mit zwei Dritteln beteiligt. Der Preis für das Originalpräparat lag bei 120 bis187 Arzneimittelfestbeträge, hrsg. von dem Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen <WIdO>, 1990, S.
117 f.). Der Wirkstoff wurde als Tablette, in einer Lösung und als Kapsel angeboten; er war schnellfreisetzend oder retardiert freisetzend oder gleichzeitig schnell und langsam freisetzend (SL-Tabletten). Ob essich dabei um jeweils unterschiedliche Gruppen handelt, ist eine aus therapeutisch-pharmakologischer Sichtzu beantwortende Frage. Besonders umstritten ist sie im Hinblick auf die gleichzeitig schnell und langsamfreisetzenden Tabletten mit dem Namen "Adalat". Sie werden von der Bayer-AG hergestellt, die ursprünglichauch das Patent auf Nifedipin hatte. Sie ist Klägerin des Ausgangsverfahrens. Die Nifedipin-Präparate werdenzudem in unterschiedlichen Wirkstärken angeboten.
Die Vielfalt der Anbieter ist groß, die Zahl der Angebote jedoch je Darreichungsform und Wirkstärke unterschiedlich hoch. Die Vergleichbarkeit der Arzneimittel untereinander wird weiter dadurch erschwert, dassdie Medikamente von den einzelnen Herstellern in unterschiedlichen Packungsgrößen angeboten werden.
Die Marktsituation ist unübersichtlich und verursacht erhebliche Probleme bei der Gruppenbildung und derFestbetragsfestsetzung (vgl. Reher/Reichelt, Arzneimittelfestbeträge: Lösungen für die Praxis, WIdO-Materialien, Bd. 32, 1989, S. 18). Das Ergebnis des Festsetzungsverfahrens für Nifedipin war vor allemhinsichtlich der SL-Tabletten umstritten. Sie wurden den langsam freisetzenden Darreichungsformenzugeordnet. Allein in diesem Bereich wurden mehr als zehn Beträge festgelegt (vgl. BArbBlatt 1989, Heft 7-8,S. 51).
Festbetragsfestsetzung für den Wirkstoff Nifedipin in der Gruppe 2 (retardiert, inklusive SL). Zur Begründungführte sie im Wesentlichen aus, die angegriffene Festbetragsfestsetzung verstoße gegen Art. 3 und Art. 12GG, da eine im verfassungsrechtlichen Sinn wesentliche Regelung den Verbänden der Selbstverwaltungüberantwortet Gemeinschaftsrecht, weil ein Nachfragekartell von öffentlichen Unternehmen die Festsetzung vornehme.
Auch die Berechnung im Einzelnen sei offenkundig fehlerhaft. Es seien zum einen subventionierteAuslandsimporte und zum anderen solche Präparate einbezogen worden, die nur einen verschwindend http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html geringen Marktanteil hätten. Die Besonderheiten hinsichtlich der Bioverfügbarkeit von Adalat seien nicht Das Sozialgericht wies die Klage ab. Es hielt das Instrument der Festbetragsfestsetzung nicht für rechtswidrig und die Umsetzung im Einzelnen für zutreffend. Rechte der Herstellerin würden nicht verletzt.
Das Landessozialgericht wies die Berufung zurück. Es hielt die Klage für unzulässig, da rechtlich geschütztePositionen der Arzneimittelhersteller nicht berührt würden und ihnen die Klagebefugnis fehle. DieFestbetragsfestsetzung stelle keine Preisregelung, sondern eine Kostenerstattungsregelung dar, von der dieHersteller nicht unmittelbar betroffen seien.
c) Auf die Revision der Klägerin hat das Bundessozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Spitzenverbänden der Krankenkassen eingeräumte Befugnis, für Arzneimittel Festbeträge festzusetzen, mitdem Grundgesetz vereinbar sei.
Seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm legt das Gericht wie folgt dar: Die Festsetzung sei nicht als Rechtsnorm durch dazu legitimierte Rechtsetzungsorgane, sondern durch Verwaltungsbehördenerfolgt. Deshalb lägen ein Verstoß gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie aus Art. 20GG sowie ein Verstoß gegen Art. 80 in Verbindung mit Art. 12 GG vor. Die auf Aufhebung derFestbetragsfestsetzung gerichtete Klage sei als Anfechtungsklage zulässig. Die Festsetzung geschehe nachden Gesetzgebungsmaterialien und nach der übereinstimmenden Auffassung aller Beteiligten durchVerwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung, die im Klageweg von den Unternehmen angefochtenwerden könnten. Zwar sehe § 35 Abs. 7 Satz 2 und 3 SGB V kein ausdrückliches Klagerecht derLeistungserbringer vor; der Hinweis auf die fehlende aufschiebende Wirkung von Klagen setze jedoch einsolches Recht voraus.
Anders als vom Landessozialgericht angenommen, werde die Klägerin als Arzneimittelherstellerin durch die Festbetragsfestsetzung in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG betroffen, das nicht nur gegen direkte Eingriffedes Gesetzgebers schütze, sondern auch gegen indirekte rechtliche Regelungen, wenn sie dieWettbewerbsbedingungen Festbetragsregelung nicht das Recht der Hersteller, für ihre Arzneimittel die Preise frei festzusetzen. DasInstrument der Festbeträge habe dennoch den Charakter einer Preisregulierung im Sinne eines dirigistischenEingriffs in den Wettbewerb. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers solle es das Verhalten derPharmaindustrie beeinflussen, was seine objektiv berufsregelnde Tendenz belege. Es liege damit mehr alsein bloßer Rechtsreflex vor, der den Schutzbereich des Art. 12 GG nicht berühre. Dem könne nichtentgegengehalten werden, dass ein Medikament bei vollständigem Ausschluss der Verordnungsfähigkeitauch nach der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts (BSGE 67, 251) nicht die Berufsfreiheit derHersteller berühre. Durch den Ausschluss eines Arzneimittels werde der Wettbewerb wiederhergestellt, derdurch Festbetragsregelung greife hingegen in das Marktgeschehen ein und könne es mit der Gefahr ungleicherSubventionierung verändern oder steuern.
Selbst wenn es die Regelung für verfassungsmäßig hielte, könne das vorlegende Gericht in der Sache noch nicht abschließend entscheiden. Es fehle an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen dazu, ob dieVorgaben des § 35 Abs. 1, 3 und 5 SGB V beachtet worden seien. Dazu habe das Berufungsgericht infolgeseiner abweichenden Rechtsauffassung noch keine Feststellungen getroffen. Auch sei - bei unterstellterVerfassungsmäßigkeit der Regelung - ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshofdurchzuführen; denn es bestünden vernünftige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festbetragsregelung imHinblick auf das europäische Wettbewerbsrecht. Eine bestimmte Reihenfolge der Vorlagen (an dasBundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof) sei aber gesetzlich nicht vorgeschrieben undergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Klärung derinnerstaatlichen Rechtslage werde für vorrangig gehalten.
Der Verstoß gegen die nach dem Grundgesetz für die Normsetzung geltenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie liege darin, dass die getroffenen Regelungen Grundrechte Dritterberührten und das Gesetz deshalb den Erlass einer Rechtsverordnung hätte vorsehen müssen. Es sei zubeanstanden, dass es den Eingriff in Form eines Verwaltungsaktes zulasse. Die Festbetragsregelung seiauch nach ihrem Inhalt eine allgemeine Regelung im Sinne einer Rechtsnorm und keine Allgemeinverfügung.
Durch die Ermächtigung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Normsetzung werde überdies denVorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG nicht genügt. Der Gesetzgeber dürfe nach dem Grundsatz derGewaltenteilung den Erlass einer allgemeinen Regelung nicht als Verwaltungsakt vorsehen und sich so der http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html verfassungsrechtlichen Bindung an Art. 20 und Art. 80 GG entziehen.
a) Festbeträge für Hörhilfen wurden in Schleswig-Holstein am 2. Oktober 1989 festgesetzt (BArbBlatt 1989, Heft 11, S. 27 f.). Schon zuvor bestand in Bezug auf Hörhilfen ein Markt mit vereinheitlichten Preisen, weil dieKrankenkassen oder von ihnen ermächtigte Verbände gehalten waren, mit den Leistungserbringern von Heil-und Hilfsmitteln Preisvereinbarungen zu treffen. Man orientierte sich damals an den Preisempfehlungen derso genannten Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats derObersten Gerichtshöfe des Bundes, SozR 1500 § 51 Nr. 39). Die Landesverbände der Krankenkassen habenauf Grund der vom Bundessozialgericht zur Prüfung gestellten Norm in Schleswig-Holstein die Preise imDurchschnitt so festgesetzt, dass sie 27 % unter den vordem bundesweit vereinbarten Preisen lagen. Siehaben sich an den Preisverhandlungen in anderen Bundesländern und an den Preisen im internationalenVergleich orientiert.
b) Die beiden Kläger des Ausgangsverfahrens sind ein in Schleswig-Holstein selbständig tätiger Hörgeräteakustiker sowie eine in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die zwei Hörgeräte trägt.
Sie beantragten die Feststellung, dass die Festbetragsfestsetzung nichtig sei. Zur Begründung führten sieaus, das Festsetzungsverfahren sei fehlerhaft durchgeführt worden und entspreche nicht den gesetzlichenAnforderungen. Insbesondere seien die Stellungnahmen der betroffenen Verbände nicht in die Entscheidungeingeflossen Festbetragsfestlegung nicht zugänglich. Es sei auch auf Erkenntnisse von Hals-, Nasen- und Ohrenärztenverzichtet worden. Die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten sei nichtmehr sichergestellt.
Das Sozialgericht wies die Klagen ab. Dem Hörgeräteakustiker fehle das Rechtsschutzbedürfnis; er sei lediglich wirtschaftlich mittelbar betroffen. Die Versicherte selbst sei klagebefugt, die streitbefangeneFestsetzung sei allerdings nicht nichtig.
c) Auf die Sprungrevision der Kläger hat das Bundessozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die in § 36 in Verbindung mit § 35 SGBV den dort genannten Körperschaften eingeräumte Berechtigung, für Hilfsmittel Festbeträge festzusetzen, mitArt. 12, Art. 20 und Art. 80 GG vereinbar sei.
Für die Revisionsentscheidung komme es auf die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung an. Sei aufgehoben werden. Beide Kläger seien klagebefugt. Der klagende Hörgeräteakustiker sei es, weil er alszugelassener Hilfsmittelerbringer durch die Festbetragsfestsetzung in seinem Grundrecht aus Art. 12 GGbetroffen sei. Die Festbetragsfestsetzung verändere seine Rechtsposition insoweit, als er die Befugnisverliere, selbst Preise mit den Krankenkassen oder deren Verbänden zu vereinbaren; bereits vereinbartehöhere Preise würden mit den Festsetzungen wirkungslos. Die klagende Versicherte sei klagebefugt, weil dieFestbetragsfestsetzung vorab verbindlich über die im späteren Leistungsfall zu berücksichtigendenFestbeträge entscheide. Als Grundlagenbescheid werde der Betrag einer späteren Leistungsbewilligungungeprüft zugrunde gelegt.
Das Bundessozialgericht könne auch nicht die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm offen lassen Gemeinschaftsrecht sei noch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. In der Revisionkönne auch nicht entschieden werden, ob der festgesetzte Betrag die gesetzlichen Grenzen unterschreite.
Hinsichtlich der Gefährdung einer ausreichenden und wirtschaftlichen Versorgung reichten die vomSozialgericht getroffenen Feststellungen nicht aus. Deshalb sei dem Interesse der Kläger dadurch Rechnungzu tragen, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung geklärt werde, bevor über etwaige Fehlerim Verwaltungsverfahren entschieden werde. Die Verfassungsfragen wirkten sich zudem bis in dieEinzelheiten der Festbetragsfestsetzung aus.
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung bezog sich das Bundessozialgericht auf seine Ausführungen in dem dem Verfahren 1 BvL 28/95 zugrunde liegenden Vorlagebeschluss. Für Hilfsmittel geltenichts Abweichendes.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html 3. Festbeträge für Sehhilfen (1 BvL 30/95) a) Für Rheinland-Pfalz sind durch Verfügung vom 11. April 1990 Festbeträge für Sehhilfen festgesetzt worden (BArbBlatt 1990, Heft 7-8, S. 35 f.). Wie bei den Hörhilfen gab es schon zuvor einheitlichePreisvereinbarungen über die Vergütung der Optiker. Für die Festsetzung der Festbeträge konnte daher nichtauf Marktbeobachtungen zurückgegriffen werden; mögliche Spielräume wurden geschätzt, um dasEinsparvolumen voll auszuschöpfen.
b) Im Ausgangsverfahren klagten vor den Sozialgerichten ein Landesinnungsverband und zwei Optikerinnungen aus Rheinland-Pfalz sowie elf selbständige Optiker aus diesem Land. Sie beantragten, dieFestsetzung der Festbeträge für Sehhilfen aufzuheben. Die bei der Anfertigung der Brillengläser erbrachtenDienstleistungen seien nicht festbetragsfähig. Es müssten weiterhin die im Gesetz vorgesehenen Verträgeabgeschlossen werden, deren mögliche Vertragspartner einzelne Optiker, deren Innungen oder derenVerbände seien.
Das Sozialgericht wies die Klagen als unzulässig ab. Die Innungen und der Landesverband seien nicht befugt, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder geltend zu machen. Sie seien nach demGesetzeswortlaut bei der Festsetzung der Festbeträge auch nicht zu beteiligen gewesen, so dass sie nicht ineigenen Rechten verletzt sein könnten. Die selbstständigen Optiker hätten die Klagefrist versäumt. DasLandessozialgericht wies die Berufung zurück.
c) Das Bundessozialgericht, das die Klagen als Anfechtungsklagen insgesamt für zulässig hält, hat das von allen Klägern angestrengte Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zurEntscheidung vorgelegt, ob die in § 36 in Verbindung mit § 35 SGB V den dort genannten Körperschafteneingeräumte Berechtigung, für Hilfsmittel Festbeträge festzusetzen, mit Art. 12 und Art. 20 GG vereinbar sei.
Die Frist für die Anfechtungsklage sei gewahrt. Die klagenden Optiker seien als Leistungserbringer in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG betroffen und damit klagebefugt. Die Verbände und Innungen könnten ihreKlagebefugnis aus ihrer Vertragskompetenz ableiten, die in § 127 SGB V ihren Niederschlag gefunden habe.
Im Übrigen stimmt die Begründung mit derjenigen in dem dem Verfahren 1 BvL 29/95 zugrunde liegenden Zu den Verfahren haben Stellungnahmen abgegeben das Bundesministerium für Gesundheit namens der Bundesregierung, die Verbände der Pharmazeutischen Industrie, Berufsverbände und Innungen derHörgeräteakustiker und Augenoptiker, die Kläger der Ausgangsverfahren, der Bundesausschuss der Ärzteund Krankenkassen, die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz.
1. Das Bundesministerium für Gesundheit hält die §§ 35 und 36 SGB V für verfassungsmäßig. Im Arzneimittelbereich sei bereits die Grundrechtsbetroffenheit der Hersteller zweifelhaft. Es habe an einemWettbewerb mit Preiskomponente gefehlt, so dass die Regelung nicht in einen Markt mit Wettbewerbeingegriffen habe. Die Hersteller hätten keinen Anspruch auf Beibehaltung des Systems oder auf dieuneingeschränkte Krankenversicherung. Unmittelbare Rechtswirkungen entfalteten die Festbeträge allein im Verhältniszwischen Krankenkassen und Versicherten. Sie stellten eine konkrete Ausprägung des für die gesetzlicheKrankenversicherung maßgeblichen allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots dar. Auch wenn die Regelung denHerstellern Anlass zu Preissenkungen gebe, sei dies nicht das gesetzgeberische Ziel gewesen. DerLeistungsanspruch der Versicherten habe begrenzt werden sollen.
Halte man die Regelung für einen Eingriff, der an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sei, sei er verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Die Vorgaben genügten den Anforderungen des Grundgesetzes. Die Regelungen seien zwar flexibel, aber hinreichend bestimmt. Die Zusammenschau der gesetzlichen Kriterien verenge den Entscheidungskorridor fürdie Spitzenverbände der Krankenkassen stark; die dann noch bestehende Flexibilität trage der Sachmaterie http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Rechnung. Die Festsetzung selbst sei nicht Rechtsetzung, sondern Vollzug gesetzlicher Vorgaben.
Adressatenkreis und Regelungsgegenstand seien in der für Allgemeinverfügungen erforderlichen Weisehinreichend bestimmt oder bestimmbar. Die Festbetragsfestsetzung liege im Allgemeinwohlinteresse, weil dieAusgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere für Arzneimittel, stark angestiegen seien. Siesei geeignet, Defizite im System abzubauen. Die Versicherten hätten ein Interesse an preisgünstigerArzneimittelversorgung.
Selbstbeteiligung bevorzuge, handele es sich dabei um ein gänzlich anderes Regulierungskonzept, das derGesetzgeber politisch nicht gewollt habe.
Diese Argumente träfen auch für die Festbetragsregelung bei Hilfsmitteln zu. Die Festbetragsfestsetzung sei Normenvollzug und erfolge auf Grund von Marktanalysen und nach Einholung unterschiedlicher Angebotevon Leistungserbringern. Die betroffenen Verbände hätten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Damit seiden Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügt.
2. Die Verbände der Pharmazeutischen Industrie teilen die verfassungsrechtlichen Bedenken des Krankenversicherung im Verordnungsmarkt für Arzneimittel eine marktbeherrschende Stellung auf derNachfrageseite habe. Der Eingriff in den Wettbewerb sei tief, wenn bei einem Umsatzvolumen von 18,3Milliarden DM ein Einsparvolumen von 2,4 Milliarden DM im Jahr angepeilt werde. Den Krankenkassen bleibenach den gesetzlichen Regelungen ein zu großer Interpretationsspielraum. Die Entscheidungen seien wederhinsichtlich der Voraussetzungen noch rechnerisch überprüfbar. Ergänzend bezieht sich der Verband auf einRechtsgutachten von Professor Dr. Ossenbühl.
Nach Auffassung des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller wird die freie Preisgestaltung der Unternehmen nur formalrechtlich nicht angetastet. Angesichts der Marktverhältnisse seien die Unternehmenjedoch wirtschaftlich zu einer Absenkung ihrer Preise auf das Erstattungsniveau gezwungen. Deshalb habedie Verbänden überantwortet werde. Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen hätten ihremarktbeherrschende Stellung auch missbräuchlich ausgenutzt.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie stimmt dem zu. Von den Festbeträgen gingen faktische Preisdiktate aus. Bis auf marginale Ausnahmen hätten die Hersteller nach Festsetzung vonFestbeträgen ihre Preise regelmäßig auf dieses Niveau geändert. Dennoch hätten sie kein Mitspracherechtbei der Bestimmung der Gruppen und bei der Festsetzung der DM-Beträge. Die Beteiligung vonSachverständigen ermögliche noch keinen angemessenen Einfluss.
Die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und der Zentralverband der Augenoptiker schließen sich ebenfalls der Auffassung des Bundessozialgerichts an. Vor allem seien den Verbänden Beteiligungsrechtenur theoretisch eingeräumt. Es fehle jede Regelung darüber, in welcher Art und Weise mit den vorgetragenenArgumenten zu verfahren sei.
Auch der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands folgt der Argumentation des Bundessozialgerichts.
Er verweist auf die besonderen Nachteile, die auch die Augenärzte im Zusammenhang mit der Versorgungder Patienten mit Kontaktlinsen träfen. Letztlich sei zu diesen Bedingungen eine Leistungserbringung nichtmehr möglich.
3. Diese Stellungnahmen werden von den Klägern der Ausgangsverfahren bekräftigt.
Die Regelungen griffen in die Grundrechtssphäre von Außenseitern ein und bedürften daher vollständiger gesetzlicher Ausformung. Da die Gremien der gesetzlichen Krankenversicherungen nur ihren Mitgliedern,nicht aber den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen gegenüber demokratisch legitimiert seien,könnten parlamentarischer Verantwortung stehende Stelle, hier das Bundesministerium für Gesundheit, haben. Diesesmüsse die Empfehlungen in einem strengen staatlichen Prüfverfahren unter Beteiligung der betroffenenpharmazeutischen Unternehmen auf ihre Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Bestimmungen überprüfen.
Auch die Hörgeräteakustiker und die auf Hörhilfen angewiesene Versicherte teilen die Auffassung des http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Bundessozialgerichts. Die Spitzenverbände hätten bei der Festsetzung der Festbeträge ausschließlich Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte in den Vordergrund gestellt. Nur in den seltensten Fällen ermöglichten dieseBeträge eine wirklich ausreichende Korrektur des Hörschadens. Im Regelfall erfordere die VersorgungZuzahlungen.
4. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hält die Festbetragsfestsetzung verfahrensrechtlich für eine normsetzende Vereinbarung, die verfassungsrechtlich zulässig sei. Ihre Grundlage ergebe sich ausder im System der gesetzlichen Krankenversicherung historisch gewachsenen und verfassungsrechtlich nichtverbotenen Zuweisung der Lösung nachrangiger Probleme an die Selbstverwaltung oder an Formengemeinschaftlicher Selbstverwaltung. Der Sache nach gehe es um eine krankenversicherungsrechtlicheRegelung im Leistungsrecht, die die Rechtsbeziehungen zwischen den Kassen und den Versichertenbetreffe. Soweit die Ärzte sich bei der Verordnung auf die Medikamente beschränkten, die eine Sachleistungermöglichten, gebe es für Hersteller teurerer Medikamente Nachteile am Markt. Es handele sich jedoch nichtum einen Eingriff; denn die Hersteller hätten keinen grundrechtlich geschützten Anspruch, zu Lasten dergesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel zu einem von ihnen bestimmten Preis abgeben zu können.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen halten die Regelungen ebenfalls für verfassungsgemäß. Sie beziehen sich auf ein Gutachten von Professor Dr. Goerlich. Danach werde in die wirtschaftlicheBetätigungsfreiheit für Unternehmen mit den Garantien der Freiheit der Disposition, der Produktion, derPreisbildung, der Wettbewerbsteilnahme und der Vertragsbindung nicht eingegriffen. Die Unternehmer seienan der Preisbildung nicht gehindert, nur weil die Preise über die Festbeträge erstmals ein Auswahlkriteriumauf Seiten der Verbraucher darstellten. Der Markt sei transparenter geworden, der wettbewerbsferne Zustandsei aufgehoben worden. Sofern Sparmaßnahmen zu Umsatzrückgängen führten, folge hieraus noch nicht einEingriff in eine von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Position. Es gehe lediglich um eine Veränderung derErwerbschancen. Ansprüche auf den Erhalt des bisherigen Geschäftsumfangs bestünden in der freienWettbewerbswirtschaft nicht. Auch wenn Schutzpositionen von Herstellern berührt sein sollten, fehle es aneinem faktischen Grundrechtseingriff, weil die Beeinträchtigungen nicht durch die gesetzliche Regelung oderdie Festbetragsfestsetzung hervorgerufen, sondern erst durch ein verändertes Verbraucherverhalten bewirktwürden. Die Entscheidung über die Kosten sei im Sinne eines typischen Marktgeschehens bei denVersicherten reindividualisiert worden. Jedenfalls wäre ein Eingriff, sofern er denn bejaht würde, auchgerechtfertigt.
Insbesondere habe der Gesetzgeber die Grundentscheidung der Leistungsbegrenzung selbst getroffen. Sie sei als Grundlage für Verwaltungsentscheidungen hinreichend bestimmt. Für gesetzeskonkretisierendeEntscheidungen habe der Gesetzgeber auch normkonkretisierende Zwischenebene vorsehen dürfen. Die Zuständigkeit des Bundesausschusses der Ärzteund Krankenkassen könne nicht beanstandet werden; ihre Rechtfertigung ergebe sich aus der Fach- undSachkompetenz dieses Gremiums. Die Gruppeneinteilung setze medizinische Kenntnisse voraus, die dieBeteiligung der Ärzte erfordere. Im Hilfsmittelbereich sei hingegen eine Mitwirkung des Bundesausschussesnicht vorgesehen, da die konkretisierende Auswahlentscheidung nicht von den Ärzten, sondern von denLeistungserbringern (Optiker, Hörgeräteakustiker) im Zusammenwirken mit den Versicherten getroffen werde.
Die Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz hat die Besonderheiten bei der Hilfsmittelfestbetragsfestsetzung hervorgehoben. Zu den Arzneimitteln gebe es strukturelle Unterschiede. Vereinbarungen über die Abgabevon Hilfsmitteln zu bestimmten Festbeträgen hätten die Wirkung einer Gebührenordnung. Verträge könntenjetzt nur noch innerhalb der Festbetragsgrenzen abgeschlossen werden, die ihrerseits schon dieausreichende, zweckmäßige, funktionsgerechte und wirtschaftliche Herstellung, Abgabe und Anpassung derHilfsmittel Vertragsschließung innerhalb der Festbetragsgrenzen verpflichteten, so dass die Versorgung zu diesenKonditionen nicht sichergestellt sei.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten der Ausgangsverfahren, die Bundesregierung, der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, die Bundesapothekerkammer, der Bundesverband derPharmazeutischen Industrie, der Bundesverband der Arzneimittelhersteller, der Verband ForschenderArzneimittelhersteller, der Deutsche Generikaverband, die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker, die Unionder Hörgeräteakustiker und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands ihre Auffassung zu Gehörgebracht.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Das Bundessozialgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des Verfahrens zur Festbetragsfestsetzung für Arznei- und Hilfsmittel hinlänglich begründet (vgl. BVerfGE 89, 329 <337>; 94, 315<325>).
verfassungsrechtlichen Prüfung (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 11, 89 <92>). Das Bundessozialgericht hatauch ausreichend dargelegt, dass es auf die zur Prüfung gestellten Normen für die Entscheidung desRechtsstreits gemeinschaftsrechtlicher Fragen durch den Europäischen Gerichtshof noch einer in den Tatsacheninstanzengegebenenfalls nachzuholenden Beweisaufnahme kommt im vorliegenden Fall Vorrang zu.
1. Die Fragen des europäischen Gemeinschaftsrechts, die inzwischen unter anderem zu einer Vorlage des Bundesgerichtshofs an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EGV geführt haben (vgl. BGH, VersR2001, S. 1361), stehen im vorliegenden Fall einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 GG nichtentgegen.
a) Wenn feststeht, dass ein Gesetz auf Grund entgegenstehenden Gemeinschaftsrechts nicht mehr Gemeinschaftsrechts nicht mehr entscheidungserheblich im Sinne von Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl.
BVerfGE verfassungsrechtlicher Rechtslage für eine Rangfolge unter den vom Revisionsgericht gegebenenfallseinzuleitenden Zwischenverfahren (Vorabentscheidung nach Art. 234 EGV und Vorlage nach Art. 100 GG)gelten, ist hier nicht abschließend zu entscheiden, da die zu beantwortenden Fragen im vorliegenden Fall dieVorlagen beim Bundesverfassungsgericht unabhängig von der Klärung der gemeinschaftsrechtlichen Fragenerforderlich machen.
b) Die allein national bestimmten Regelungen zur Normsetzung und zum Gesetzesvorbehalt, die vorliegend für die Überzeugung des Bundessozialgerichts von der Verfassungswidrigkeit der Festbetragsfestsetzungmaßgeblich sind, beanspruchen Geltung bei jeder Art von deutscher Rechtsetzung, auch bei derjenigen, dievon Festbetragsfestsetzung eine Rechtsverordnung hätte erlassen werden müssen, wie das vorlegende Gerichtannimmt, hängt nicht von der Auslegung des europäischen Wettbewerbsrechts ab. Es kann hingegen für daseuropäische Verhaltenssteuerung Folge eines dem Allgemeininteresse verpflichteten gesetzgeberischen Aktes auf demGebiet der Sozialversicherung ist oder ob gesetzliche Krankenkassen und deren Verbände eigenständigeunternehmerische Möglichkeiten der Gestaltung und Einflussnahme im Hinblick auf die Preisentwicklunghaben. Fragen des insoweit verfassungsrechtlich Erlaubten haben damit möglicherweise Einfluss auf eineBewertung der Vorgänge auf der Grundlage des europäischen Rechts.
Vorabentscheidung für den Europäischen Gerichtshof offen, ob die ihm unterbreitete Frage durch eineinnerstaatlich kompetenzgemäß erlassene Regelung aufgeworfen wird und ob dem Staatsrecht desjeweiligen Mitgliedstaates auch im Übrigen formell genügt ist, so dass sich auch der Europäische Gerichtshofim Ungewissen darüber befände, ob die Vorabentscheidung eine nach innerstaatlichen Maßstäben imÜbrigen gültige und deshalb entscheidungserhebliche Norm betrifft.
2. Auch wenn im Falle der Verfassungswidrigkeit der Norm die Revision Erfolg hat, im Falle ihrer Verfassungsmäßigkeit aber eine Zurückverweisung der Sache an die Tatsacheninstanz in Betracht kommt,hängt das Ergebnis der Entscheidungen des vorlegenden Gerichts von der Gültigkeit der zur Prüfunggestellten Norm ab (vgl. BVerfGE 104, 74 <82>). Die noch offenen Fragen zu den Einzelheiten derFestbetragsfestsetzungen haben keinen Einfluss auf die verfassungsrechtliche Klärung, ob das Verfahren alssolches rechtsstaatlichen Anforderungen genügt oder ob hierdurch Grundrechte der Leistungserbringerverletzt werden.
3. Die vorgelegten Normen unterliegen jedoch nur einer eingeschränkten Prüfung. Hiervon ist auch das http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html vorlegende Gericht ausgegangen. Das Bundessozialgericht hat die in den §§ 35, 36 SGB V getroffene Regelung nur im Hinblick auf das dort eingeschlagene Verfahren zur Prüfung gestellt. Von Verfassungswegen hält es statt der Allgemeinverfügung eine Normsetzung durch hierzu entsprechend den Vorgaben desGrundgesetzes ermächtigte Organe für geboten. Zu den Auswirkungen der Festbetragsfestsetzung auf dieVersicherten, die Optiker und Hörgeräteakustiker, zur Versorgungslage bei den Hilfsmitteln und zur Gruppen-und Festbetragsbildung bei den Arzneimitteln hat sich das Gericht noch nicht rechtlich geäußert. Die hiermitverbundenen materiellen verfassungsrechtlichen Fragen sind daher vom Bundesverfassungsgericht nicht zuprüfen.
Die Vorlagen sind auch nicht infolge einer Gesetzesänderung nachträglich unzulässig geworden. Das Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in dergesetzlichen Krankenversicherung (Festbetrags-Anpassungsgesetz - FBAG) vom 27. Juli 2001 (BGBl I S.
1948) hat - in Bezug auf den Teilbereich der Arzneimittel und befristet bis zum 31. Dezember 2003 - dieFestbetragsfestsetzung und -anpassung einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheitanhand teilweise neuer materieller Kriterien vorbehalten.
Die mit den Vorlagebeschlüssen aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bleiben indessen Fortsetzungsfeststellungsklage übergehen können, worauf das Bundessozialgericht in seiner ergänzendenStellungnahme vom 4. Dezember 2001 hingewiesen hat. Mit dem vorlegenden Gericht ist auch davonauszugehen, dass mit dem Gesetz vom 27. Juli 2001 keine rückwirkende Änderung der gesetzlichenGrundlage beabsichtigt war. Denn das Gesetzgebungsverfahren beruhte auf der Absicht, nur befristet und zurVermeidung weiterer Prozesse sowie zur Herstellung von Rechtsklarheit und Planungssicherheit den Wegder Rechtsverordnung zu gehen (vgl. BTDrucks 14/6041, S. 1, 5, 6). Die Bundesregierung erhoffte sich für dieZwischenzeit, dass die verfassungsrechtlichen Fragen in ihrem Sinne geklärt würden, so dass die hier zurPrüfung gestellten Normen wiederum zur Grundlage des Festbetragsverfahrens werden könnten. Diegesetzliche Neuregelung zielt damit lediglich auf einen vorübergehenden Zeitraum ab. Sie ist am 3. August2001 in Kraft getreten (Art. 3 des Gesetzes) und belässt es hinsichtlich der schon festgesetzten Festbeträgeim Rahmen des neu eingefügten § 35 a Abs. 6 SGB V bei der Fortgeltung des bisherigen Rechts. Erst mitErlass der Verordnung zur Anpassung von Arzneimittel-Festbeträgen (Festbetrags-Anpassungsverordnung -FAVO) vom 1. November 2001 (BGBl I S. 2897), der nach ihrem § 3 Rückwirkung nicht zukommt, wurden diezur Prüfung gestellten Normen abgelöst. Für die hier streitigen Zeiträume waren Änderungen danach wederbeabsichtigt noch sind sie erfolgt.
Die Vorschriften über das Verfahren der Festbetragsfestsetzung stehen mit dem Grundgesetz in Einklang.
Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts verstößt die den Spitzenverbänden der Krankenkassenin § 35 SGB V eingeräumte Befugnis, für Arzneimittel Festbeträge festzusetzen, nicht gegen Art. 12, Art. 20und Art. 80 GG. Das Gleiche gilt für die in § 36 in Verbindung mit § 35 SGB V den dort genannten Verbändeneingeräumte Berechtigung, für Hilfsmittel Festbeträge zu bestimmen. Verfassungsrecht gebietet nicht, dieFestbeträge durch Rechtsverordnung festzusetzen.
Die Berufsfreiheit der Pharmaunternehmen sowie der Hörgeräteakustiker und der Optiker wird nicht berührt.
Soweit auf die Berufsausübung der Ärzte eingewirkt wird und soweit Leistungsansprüche der Versichertenverändert werden, sind zwar Grundrechte betroffen, aber nicht dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber für dieFestbetragsfestsetzung die Form der Allgemeinverfügung vorgesehen hat (vgl. BTDrucks 11/3480, S. 54).
1. Die Festbetragsfestsetzung ist nicht am Grundrecht der Berufsfreiheit der Pharmaunternehmen, der Optiker und der Hörgeräteakustiker zu messen.
a) Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. Das Grundrecht ist nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar,soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicherWeise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht. Dabei umfasst das Grundrecht auch dieFreiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html (vgl. BVerfGE 50, 290 <363 f.>; 101, 331 <347>; 102, 197 <212 f.>).
In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG auch das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. DieReichweite des Freiheitsschutzes wird dabei durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerbermöglichen und begrenzen. Insoweit sichert Art. 12 Abs. 1 GG die Teilhabe am Wettbewerb.
Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinenAnspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 24, 236<251>; 34, 252 <256>). Vielmehr unterliegen die Wettbewerbspositionen und damit auch der Umsatz und dieErträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen.
b) Die Berufsfreiheit umfasst das Recht der am Markt Tätigen, die Bedingungen ihrer Marktteilhabe selbst festzusetzen. Insbesondere kann der Anbieter Art und Qualität sowie den Preis der angebotenen Güter undLeistungen selbst festlegen. In gleicher Weise ist aber auch das Recht der Nachfrager geschützt, zuentscheiden, ob sie zu diesen Bedingungen Güter erwerben oder Leistungen abnehmen. SoweitMarktteilnehmer in ihrem Marktverhalten durch gesetzliche Regeln beschränkt werden, ist dies an ihrenGrundrechten zu messen, nicht an denen der anderen Marktteilnehmer.
Regeln über die (Höchst-)Preise, zu denen die Träger der Krankenversicherung die Kosten von Arzneimitteln oder Hilfsmitteln für die Versicherten übernehmen, fallen in den Schutzbereich vonGrundrechten der Versicherten, aber auch der Ärzte, soweit ihr Verhalten und die Therapiefreiheit betroffensind (vgl. unten C. I. 2.). Demgegenüber wird der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG beiden Herstellern oder Anbietern von Arznei- und Hilfsmitteln nicht berührt, wenn die Kostenübernahmegegenüber den Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt wird. DassMarktchancen betroffen werden, ändert hieran nichts.
c) Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht deshalb berührt, weil den zur Prüfung gestellten Berufsausübung sind bloßer Reflex der auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung bezogenenRegelung. Eine berufsregelnde Tendenz ist der gesetzlichen Ermächtigung auch nicht etwa deshalb zuentnehmen, weil die Verbände zu wirtschaftslenkenden Maßnahmen ermächtigt wären, denen ihrerseits eineberufsregelnde Tendenz zukäme. Eine solche Regelungsmacht haben die Verbände nicht.
aa) Allerdings ordnet § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V an, dass die Festbeträge Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen haben, dass sie einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen sollen und sich deshalb anmöglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten haben. Nach dem Wortlaut dieses Satzessoll der Preiswettbewerb wirksam sein. Die Arzneimittelhersteller von hochpreisigen Medikamenten sollensich veranlasst sehen, ihre Preise zu senken (vgl. Blüm, Sten. Bericht über die 2. und 3. Beratung desEntwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen im Deutschen Bundestag am 25.
November 1988, BT-Plenarprotokoll 11/111, S. 7873). Es wird erwartet, dass sich über solchePreissenkungen das gesamte Preisgefüge verändert.
Die Orientierung an Bedingungen des Preiswettbewerbs ist der vom Gesetzgeber vorgesehene Weg, um den Gesetzesadressaten die Beachtung des ihnen rechtlich vorgegebenen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeitzu ermöglichen. Dies dient dazu, das Leistungssystem der Krankenversicherung funktionsfähig zu halten.
Durch die regelmäßige Überprüfung der Festbeträge soll gesichert werden, dass insoweit auch flexibel aufVeränderungen reagiert werden kann.
bb) Den Verbänden ist keine über die Konkretisierung der wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten hinausgehende neue Aufgabe übertragen worden. Insbesondere gehört es nicht zu ihren Befugnissen, dieFunktionsfähigkeit des Arznei- oder Hilfsmittelmarktes als solche zu sichern.
(1) Die Aufgabenzuweisung in den §§ 35, 36 SGB V hält sich insgesamt in dem Rahmen des Verwaltungshandelns, der den Krankenkassen und ihren Verbänden im System der Krankenversicherungzugewiesen ist.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html § 35 SGB V legt in seinen Absätzen 1 und 2 fest, an welchen Tatsachen sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bei der Gruppenbildung auszurichten hat und welchen Drittbetroffenen vor derverantwortlichen Krankenkassen und die damit verbundenen Befugnisse sind in den Absätzen 3 bis 6 umschrieben.
Die Festbetragsfestsetzung nach § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V greift die Grundentscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Leistungsumfang auf und verleiht ihr durch das einzuschlagende VerfahrenWirkkraft. Im Hinblick auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualitätgesicherte Festbetragsfestsetzung Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen sind, entspricht dies § 4 Abs. 4 SGB V.
Eindeutig ist der Gesetzesbefehl in § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V, dass sich die Festbetragsfestsetzung anmöglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten muss. Wie dies zu geschehen hat, istwiederum vorgegeben, indem von den preisgünstigen - nicht von den niedrigsten - Apothekenabgabepreisenin der Vergleichsgruppe auszugehen und zugleich eine für die Therapie hinreichende Auswahl anArzneimitteln sicherzustellen ist.
Diesem eng gezogenen Rahmen ist keine eigenständige - von den Primärzwecken losgelöste - Möglichkeit der Spitzenverbände zur Gestaltung des Preiswettbewerbs zu entnehmen. Der Gesetzgeber verdeutlichtlediglich mit Absatz 5 Satz 2 der Norm, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot mit Hilfe von Preiswettbewerbverwirklicht werden kann und soll.
(2) Allerdings hat jede Umgestaltung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge, dass sich der Anspruch der Versicherten und damit auch der Umfang dessen verändert, woran dieLeistungserbringer Leistungsansprüche. In diesem Punkt gelten für die Festbeträge keine Besonderheiten.
Indem aber im Versicherungssystem Preise offen gelegt und Preisgrenzen für die Kostenübernahme festgesetzt werden, haben die Anbieter am Markt die Möglichkeit, sich darauf einzustellen und zuentscheiden, ob sie sich in der Folge auf den eingeschränkten Markt außerhalb der gesetzlichenKrankenversicherung konzentrieren wollen oder ob sie bei einer insgesamt unveränderten Abnahmemengedurch ihre Preisgestaltung weiterhin konkurrenzfähig bleiben und so versuchen wollen, ihre Marktanteile zubehalten und auszubauen. Solche Entscheidungen sind typisch für unternehmerisches Verhalten imWettbewerb.
Die Erstreckung des Preiswettbewerbs auf den Arzneimittelmarkt der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine vom gesetzgeberischen Willen umschlossene Folgewirkung der Festbeträge, nicht aber eineigenständiges Ziel des Gesetzes. Der Gesetzgeber hat lediglich verdeutlicht, dass der von ihm erwartetePreiswettbewerb ein Mittel der Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots ist.
(3) Die Verbände der Krankenkassen sind nicht zu gestaltenden Eingriffen in den Markt ermächtigt, wohl aber zur Festlegung von Maßstäben für das Verhalten der Krankenkassen bei der Kostenübernahme, andenen Wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind den Spitzenverbänden nicht eröffnet. Dafür spricht auch,dass es gelingen konnte, anhand von mathematischen Modellen Ergebnisse im Festsetzungsverfahren zuerzielen (vgl. Reher/Reichelt, Arzneimittelfestbeträge: Lösungen für die Praxis, WIdO-Materialien, Bd. 32,1989; Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Arzneimittel-Festbeträge - Ein Überblick, Juli 1997; ders.,Arzneimittel-Festbeträge - Anpassung, Mai 1997). Auch die Landesverbände haben einen solchen Spielraumbei der Festsetzung von Festbeträgen für Hilfsmittel nach § 36 Abs. 2 SGB V nicht.
d) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Anbieter wird auch nicht dadurch berührt, dass die Festbeträge veröffentlicht und auf diese Weise allen Marktteilnehmern Orientierungen ermöglicht werden. DieFunktionsfähigkeit des Wettbewerbs setzt als Grundbedingung für Entscheidungsfreiheit bei den Teilnehmernam Markt ein hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren voraus. Solche Informationenbeeinträchtigen den Schutzbereich der Berufsfreiheit von Marktteilnehmern selbst dann nicht, wenn diesezuvor einen wirtschaftlichen Vorteil aus fehlender Transparenz im Hinblick auf marktrelevante Faktorenziehen konnten.
aa) Soweit Wettbewerb über den Preis stattfindet, ermöglicht erst die Informiertheit der Marktteilnehmer über die vorhandenen Produkte und die für sie geforderten Preise eine an den eigenen Interessen orientierteEntscheidung über das Angebot von oder die Nachfrage nach Gütern und Leistungen. Die durch Information http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html bewirkte Transparenz dient damit zugleich der Qualität und Vielfalt der Produkte und einer am Nachfrageverhalten orientierten Preisbildung von Seiten der Anbieter.
Ist der Markt unübersichtlich und fallen - wie im System der gesetzlichen Krankenversicherung - Nachfrage, Anspruchsberechtigung und Kostentragung auseinander, kann ein - an den Regeln des Marktes gemessen -rationales Verhalten der beteiligten Personen auch dadurch bewirkt werden, dass die Angebotsvielfaltstrukturiert wird, indem die Klassifizierung in identische, teilidentische oder vom Nutzen her ähnliche Produkteerkennbar wird. Dann ermöglicht ein Preisvergleich, der auf eine Standardmenge bezogen wird, eineEntscheidung unter Berücksichtigung der Kosten/Nutzen-Relation. Bei einem Sachleistungssystem, bei demdas Entgelt für einzelne Produkte oder Leistungen nicht dem in Rechnung gestellt wird, dem diese zugutekommen, wird die Transparenz für die Nachfrager verbessert, wenn durch Kenntnis der Höchstpreisliniewirtschaftliches Verhalten von unwirtschaftlichem geschieden werden kann. Auch wenn wegen derKostenübernahme durch die Krankenkasse sich wirtschaftliches Verhalten nicht für alle Teilnehmer amGesundheitsmarkt gleichermaßen lohnt, beeinflussen solche Entscheidungshilfen den Markt, solange dieNachfrager gleichwohl als Patient ein Interesse oder als Arzt die Verpflichtung haben, sich wirtschaftlich zuverhalten.
bb) Für Leistungserbringer - wie vorliegend die Optiker und Hörgeräteakustiker -, aber auch für Ärzte und Patienten, die am Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung partizipieren und in das Regelwerkdes SGB V eingebunden sind, stellen demnach Informationen über Eigenschaften und Preise vonSachleistungen die vom Gesetz auf Seiten der Akteure vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten her. Sokönnen Versicherte nachvollziehen, ob sich die Leistungserbringer mit ihren Verschreibungen oder mit ihrenAngeboten in dem Rahmen halten, der den die Kosten tragenden Krankenkassen vom Gesetzgebervorgegeben ist. In gleicher Weise wird für Leistungserbringer leichter erkennbar, ob sie gegen das auch ansie gerichtete Verbot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V verstoßen. Danach dürfen Leistungen, dieunwirtschaftlich sind, von den Leistungserbringern nicht bewirkt, aber auch von den Krankenkassen nichtbewilligt werden.
cc) Das bisherige System hatte auf Grund der mangelnden Transparenz Nachteile für die Nachfrager, aber auch für die Träger der Krankenversicherung, die durch die Pflicht zur Kostenübernahme mittelbar amMarktgeschehen interessiert sind. Werden derartige Nachteile durch Informationen abgebaut, kann dies zwarmittelbar zu faktischen Nachteilen für die Anbieter der Leistungen, insbesondere die Arzneimittelhersteller,führen, die es in der Folge schwerer haben, sich gegen preisgünstigere Anbieter durchzusetzen.
Grundrechtlich geschützte Positionen werden dadurch aber nicht beeinträchtigt. Es gibt keinen aus Art. 12Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Beibehaltung von Rahmenbedingungen, die infolge fehlenderTransparenz Verkaufserfolge im Wettbewerb ermöglichen. Angesichts der Aufgaben und Ziele desgesetzlichen Krankenversicherungssystems, die stets mit der Garantie einer ausreichenden, zweckmäßigen,aber eben auch wirtschaftlichen Versorgung umschrieben waren, besteht nicht einmal ein schutzwürdigesVertrauen der von der Änderung nachteilig Betroffenen. Denn es wäre darauf gerichtet, dass die gesetzlichenZiele mangels ausreichender Markttranparenz letztlich nicht erreicht werden.
2. Die Festbetragsfestsetzung berührt allerdings die Berufsausübungsfreiheit der Ärzte aus Art. 12 Abs. 1 GG und die Handlungsfreiheit der Versicherten aus Art. 2 Abs. 1 GG.
Die Berufsausübungsfreiheit der Ärzte wird in doppelter Hinsicht betroffen. Zum einen konkretisieren die Festbeträge nach § 35 SGB V die Verpflichtung der Ärzte zu wirtschaftlicher Verordnung und wirken sich aufdie Ausübung der Therapiefreiheit aus. Zum anderen müssen die Ärzte ihre Patienten auf die sich aus derVerordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinweisen, wenn ein Arzneimittel verordnetwird, dessen Preis den Festbetrag überschreitet (§ 73 Abs. 5 SGB V). Die Festbetragsfestsetzung berührtauch die Handlungsfreiheit der Versicherten aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. dazu BVerfGE 97, 271 <286>), weilihre Freiheit zur Auswahl unter Arznei- und Hilfsmitteln, die ihnen als Sachleistung zur Verfügung gestelltwerden, eingeengt wird. Zu den insoweit mit der Festbetragsfestsetzung verbundenen Beschränkungen hatder Gesetzgeber durch formelles Gesetz ermächtigt.
Festbetragsfestsetzung enthalten und inhaltliche und verfahrensmäßige Anforderungen festgelegt. DieRechtsgrundlagen Festsetzung der Festbeträge in Form einer Allgemeinverfügung. Ob sie auch im Übrigen den Anforderungender Grundrechte entsprechen, ist nicht Gegenstand der Vorlagen und daher nicht zu entscheiden.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html a) Die Festbetragsfestsetzung ist eine Maßnahme des Verwaltungsvollzugs.
aa) Der Gesetzgeber hat im Arzneimittelbereich die Spitzenverbände der Krankenkassen nach Vorentscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sowie im Bereich der Hilfsmittel dieLandesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam nach Vorentscheidungder Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festbetragsfestsetzung ermächtigt. Die Landes- undBundesverbände der Krankenkassen erfüllen dabei als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 207 Abs. 1,§ 212 Abs. 4 SGB V) im Rahmen von Selbstverwaltung ihnen zukommende originäre Verwaltungsaufgaben.
Die Verbände der Ersatzkassen, die an den abgestimmten Entscheidungen der Spitzenverbände derKrankenkassen mitwirken, handeln als beliehene juristische Personen des Privatrechts, denen das Gesetzausdrücklich einzelne hoheitliche Kompetenzen zur Wahrnehmung im eigenen Namen überträgt. Bei derVielzahl der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, die das für sie einheitlich geltende SGB V für ihrejeweiligen Versicherten umzusetzen haben, bedarf es solcher gemeinsamen Entscheidungsträger, damit dieEinheitlichkeit der Rechtsanwendung über die Kassen- und Landesgrenzen hinweg gewahrt werden kann.
Soweit der ärztliche Sachverstand für derartige Entscheidungen von besonderer Bedeutung ist, sindAufgaben Krankenkassen (§§ 91 ff. SGB V) übertragen worden. Zu diesen Aufgaben zählt auch die verbindlicheFestlegung der Arzneimittelgruppen gemäß § 35 Abs. 1 SGB V.
Der Gesetzgeber hat das dabei einzuhaltende Verwaltungsverfahren in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise in seinen Grundzügen festgelegt. Die für das Verhalten der Versicherten und derÄrzte bedeutsamen Regelungen hat er selbst getroffen. Bei der Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel hat erangesichts der Schwierigkeiten, die im Zuge dieser neuartigen Aufgabe nicht zuletzt infolge des Widerstandsder betroffenen Anhörungsberechtigten zu erwarten waren, mit dem Eintrittsrecht des zuständigenBundesministers nach § 35 Abs. 6 in Verbindung mit § 213 Abs. 3 Satz 1 SGB V auch sichergestellt, dass dieNormkonkretisierung ersatzweise durch die Exekutive in Gestalt des die Aufsicht führenden Ministers (§ 214i.V.m. §§ 212, 213 SGB V) durchgesetzt werden kann. Die Aufgabenzuweisung an die Landes- oderSpitzenverbände führt zu einer Verlagerung und Bündelung von Entscheidungen, die bislang von dereinzelnen Krankenkasse anhand der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben zu treffen waren, bei denen jedochim Allgemeininteresse und zugunsten einer einheitlichen Gesundheitsversorgung der Versicherten auch eineeinheitliche Verwaltungspraxis anzustreben war. Dieses Ziel lässt sich nunmehr bei den Leistungen, für dieFestbeträge festgesetzt werden, erreichen.
bb) Die Festbeträge dienen dazu, Krankenkassen, Ärzten und Versicherten das zu ermöglichen, was im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung von Beginn an als wirtschaftlich verantwortliches Verhalten imRahmen der gesetzlichen Krankenversicherung umschrieben wurde (vgl. für die Zeit vor In-Kraft-Treten desSGB V § 182 Abs. 2 RVO), auch wenn dieses Ziel angesichts der Unübersichtlichkeit des Marktes nurunvollkommen realisierbar war und ist. Die Versicherten haben Anspruch auf eine in der Qualität gesicherteVollversorgung Sachleistungen aus einer Pflichtversicherung, Arbeitgeberbeiträge solidarisch finanziert wird (vgl. § 3 SGB V). Den Ärzten wird im Rahmen ihrer - wennauch begrenzten - Therapiefreiheit für den Arzneimittelsektor die Grenze vorgegeben, bis zu der einezweckmäßige, ausreichende und wirtschaftliche Versorgung der Patienten reicht. Über ihre Verbände legendie Krankenkassen im Sinne eines sparsamen Umgangs mit den Beitragsmitteln fest, zu welchenBedingungen sie Kosten für Arznei- oder Hilfsmittel tragen. Dies geschieht zur Sicherung einer einheitlichenGesundheitsversorgung. Damit werden den Ärzten, den Versicherten und den Leistungserbringern imRahmen von originären Aufgaben gemäß § 2 Abs. 4 und § 4 Abs. 4 SGB V die Grenzen derKostenübernahme verdeutlicht.
b) Die gesetzlichen Vorgaben zielen auf den Erlass von Allgemeinverfügungen; sie sind dafür ausreichend bestimmt. Sie sind zwar auslegungsfähig, begegnen aber gleichwohl keinen rechtsstaatlichen Bedenken.
aa) Die vom Gesetzgeber vorgenommene Einordnung der Festbetragsfestsetzung als Allgemeinverfügung wird auch von der in den Vorlagebeschlüssen angeführten Literatur für zulässig gehalten (vgl. BSG, NZS1995, S. 502 <508>) und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dem Gesetzgeber ist es durch das Grundgesetz nicht verwehrt, für den Vollzug hinreichend bestimmter gesetzlicher Vorschriften die Form einer Allgemeinverfügung auch dann vorzusehen, wenn deren Regelungenan einen unbestimmten, aber im Anwendungszeitpunkt bestimmbaren Personenkreis gerichtet sind.
Rechtsstaatlichen Erfordernissen ist im vorliegenden Fall ausreichend Rechnung getragen. Die Festbeträgewerden im Bundesarbeitsblatt bekannt gemacht (§ 35 Abs. 7 Satz 1, § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 7 Satz 1 http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html SGB V) und sind damit in ihrem räumlichen Geltungsbereich öffentlich zugänglich. Mit der Wahl dieser Handlungsform wird unmittelbarer Rechtsschutz gegen die Festbetragsfestsetzung eröffnet. Erginge dieFestsetzung als Rechtsverordnung, wäre deren direkte richterliche Kontrolle nach geltendem Verfahrensrechtnicht möglich (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Aufl., 2002, § 55 Rn. 10 a).
bb) Dem Gesetzgeber ging es bei der Schaffung der Ermächtigung zur Festbetragsfestsetzung in einem wichtigen Teilbereich der gesetzlichen Krankenversicherung um eine Verbesserung des Gesetzesvollzugs.
Dazu hat er die Maßstäbe und das Verfahren der Entscheidungsfindung in den §§ 35, 36 SGB V mit der demSachbereich angemessenen Genauigkeit geregelt. Die entsprechenden Ermächtigungen genügen denverfassungsrechtlichen Anforderungen für den Gesetzesvollzug.
Der Gesetzgeber hat das Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung immer mit unbestimmten Rechtsbegriffen definiert, weil ihre Ausfüllung von den wirtschaftlichen Gegebenheiten, von Fortschritten inder Medizin und in anderen Wissenschaften, aber auch von internationalen Wirtschaftsbeziehungen und derLebensführung der Versicherten abhängig ist. Die Normen genügen im Hinblick auf diese Eigenart des zuordnenden Sachbereichs dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (vgl. BVerfGE 59, 104 <114>).
In den Verfahren kommen Sachverständige der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft, Arzneimittelhersteller und Apotheker, aber auch Therapieeinrichtungen, Behindertenverbände und dieVerbände der Leistungserbringer zu Wort. Die Kriterien, die bei den zu treffenden Entscheidungen zuberücksichtigen sind, gibt § 35 Abs. 1 und 5 SGB V für die Arzneimittel vor. In Bezug auf die Hilfsmittel ist derEntscheidungsspielraum größer, aber durch die Bezugnahme in § 36 Abs. 3 SGB V hinreichend bestimmt.
Die Auslegung der in § 2 Abs. 4, § 4 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V verwendeten Begriffe ist ständig im Fluss.
Im Bereich der Arzneimittel beruht dies auf der Entwicklung der Medizin und der Pharmakologie, aber auchauf den Produktveränderungen, die der Markt Jahr für Jahr mit verbesserten oder nur neuen Arzneien undHilfsmitteln anbietet. Was noch vor einiger Zeit als wirkungsvoll und zweckmäßig erschien, kann durch neueErkenntnisse als schädlich eingestuft werden. Ein Verhalten, das vormals wirtschaftlich war, wirdunwirtschaftlich, sobald andere Anbieter therapeutisch gleich wirksame Mittel zu günstigeren Preisenofferieren. Soweit man die Ansprüche in der Krankenversicherung individuell begreift, sind die unbestimmtenRechtsbegriffe deshalb nur für einen konkreten Zeitpunkt und einen konkreten Versicherten verlässlich undexakt Gleichbehandlung garantieren und kann dies nur, wenn die typischen Fälle in Gruppen zusammengefasstwerden. Dies erleichtert auch die Erfüllung der Aufgabe, die Versicherten nach dem jeweiligen Stand derErkenntnis Wirtschaftlichkeitsgebots durch das Verfahren nach §§ 35, 36 SGB V macht das Verwaltungshandeln derKrankenkassen für die Teilnehmer am Gesundheitsmarkt effektiver und vorhersehbarer.
Krankenversicherungsträger genügt, ist vorliegend nicht zu prüfen. Nach dem Vortrag in der mündlichenVerhandlung zur Versorgung mit Hilfsmitteln besteht allerdings Anlass darauf hinzuweisen, dass derGesetzgeber das Sachleistungsprinzip nicht aufgegeben hat.
Soweit in den Gesetzesmaterialien erwähnt wird, es könne sich vorübergehend - insbesondere in der Anfangsphase - ergeben, dass für den Festbetrag kein Mittel auf dem Markt zur Verfügung stehe, so dassVersicherte sogar notwendige Mittel nur mit Zuzahlung erhalten könnten (vgl. BTDrucks 11/2237, S. 176),findet dies im Gesetzestext keine Stütze. Die Versicherten müssen sich nicht mit Teilkostenerstattungzufrieden geben. Im Arzneimittelsektor muss eine für die Therapie ausreichende Vielfalt erhalten bleiben; imHilfsmittelsektor muss die Versorgung mit ausreichenden, zweckmäßigen und in der Qualität gesichertenHilfsmitteln als Sachleistung gewährleistet sein. Welche Bedeutung insoweit dem Zusatz "im Allgemeinen" in§ 35 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 3 SGB V zukommt, werden die Gerichte zu klären haben. DieLandesverbände haben jedenfalls bei der Festsetzung der Festbeträge darauf zu achten, dass sie dengesetzlichen Rahmen nicht verletzen.
Eine Abkehr vom Sachleistungsprinzip wäre von so erheblicher Tragweite für das System der gesetzlichen Krankenversicherung, dass nur der Gesetzgeber selbst sie verantworten könnte. Er hat diese Entscheidungersichtlich nicht getroffen und sie auch - ungeachtet der Frage nach ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit- nicht in das Gestaltungsermessen der Verbände gegeben. Feste Zuzahlungen oder prozentualeBeteiligungen, die nur den allgemeinen Sparzwang kennzeichnen, nicht aber als Merkmale für die Auswahlwirtschaftlicher Mittel im Rahmen der gesamten Angebotspalette taugen, waren nicht gewollt. Insoweit weistdie Bundesregierung darauf hin, dass Vorschläge dieser Art einen Systemwechsel zur Folge hätten, der vom http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html Gesetzgeber nicht gewollt war. Das Sachleistungsprinzip sollte den Versicherten im unteren Preissegment erhalten bleiben. Sollte sich ergeben, dass Versicherte, die Hilfsmittel benötigen, diese - abgesehen vonäußersten und eher zufälligen Ausnahmen - nicht mehr als Sachleistung ohne Eigenbeteiligung beziehenkönnen, weil zu diesen Konditionen die Leistungserbringer mit den Krankenkassen nicht mehr die nach § 2Abs. 2 Satz 2 SGB V vorgesehenen Verträge abschließen, wären die Verbände ihren Aufgaben nach den§§ 35, 36 SGB V nicht gesetzeskonform nachgekommen.
Unter diesem Aspekt gewinnt die gerichtliche Kontrolle der Festbetragsfestsetzung besondere Bedeutung.
Sie ist geeignet, die Rechte der Versicherten zu wahren. Sie verhindert, dass der Festbetrag so niedrigfestgesetzt Leistungserbringer nicht mehr gewährleistet ist.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20021217_1bvl002895.html

Source: http://daten2.verwaltungsportal.de/dateien/seitengenerator/urteil_1_bvl_29_95_vom_17.12.2002.pdf

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