ZIZEK, SLAVOJ: LIEBE DEINEN NÄCHSTEN? NEIN DANKE! DIE SACKGASSE DES SOZIALEN IN DER POSTMODERNE. AUS DEM ENGLISCHEN VON NIKOLAUS G. SCHNEIDER. VERLAG VOLK & WELT, BERLIN 1999 (283 S., LN., )
Der Autor ist Slowene, Gründer und Päsident der Gesellschaft für theoretische
Psychoanalyse in Ljubljana. Er sei geschult „an Kant, Marx und Lacan“ sagt der Klappentext
und er analysiere seine Zeit „auf höchstem Niveau“ in Paradoxien und Anekdoten.
Der Autor selbt beschreibt sein Unterfangen so: „Das vorliegende Buch setzt sich
systematisch mit den Voraussetzungen dieser unserer Unfähigkeit auseinander, unsere
Anderen im Zeitalter der angeblichen Globalisierung auszuhalten.“ (20)
Die Modi der individuellen Vergesellschaftung werden transformiert, die Schwieirigkeiten das
Neue, die Brüche, das sich Umwälzende genau zu fassen, sind in den Sozialwissenschaften
enorm. Begriffe wie Risikogesellschaft, postnationale Identitäten, Postmoderne zirkulieren
und können doch (noch) nicht fassen, was sie begreifen wollen.
Zizak spielt auf der Klaviatur eines konservativen Kulturpessimismus, presst Emergentes in
die vorhandene Begrifflichkeit der Lacanschen Psychoanalyse und trägt - soweit ich das
beurteilen kann - zur theoretischen Qualifizierung der Wirklichkeit nichts bei
Mit zwei Denkvorgängen wird den LeserInnen Kant, Lacan und immer wieder Lacan (Marx
wird überaus knapp reserviert für ökonomische Zusammenhänge, die ebenfalls kaum eine
Rolle spielen) als angewandte Philosophie/Theorie vorgeführt: das Analogisieren und die
opponierte Behauptung. Aktuell füllt ersteres in den Zeiten des Nato-Krieges gegen Serbien
die Zeitungen: Jemand ist wie Hiter, Etwas ist „fast“ wie Völkermord usw. Letztere ist zuletzt
in der BRD politisch breitflächig aufgefallen, als Heiner Geissler die Behauptung aufstellte,
die Pazifisten hätten Auschwitz erst möglich gemacht.
Der Autor ist ebenso gut: die Gewalt der Neonazi-Skinhaeads ist für ihn unmittelbar
hervorgebracht durch die liberal mulitkulturalistische Toleranz, sie ist „das verborgene Antlitz
Der Protest gegen „sexuelle Belästigung“ wird für ihn zum Protest gegen Sex als solchen:
„Es gibt keinen Sex ohne ein Element der `Belästigung`(des verwirrten, vom unheimlichen
Charakter dessen, was sich da abspielt, heftig schockierten und traumatisierten Blicks).“ (60)
Viagra raube dem Mann die „symbolische Potenz“: „der Mann, der dank Viagra zur
Kopulation imstande ist, ist ein Mann mit Penis, aber ohne Phallus. . Woher soll ein Mann
(mit Viagra, kh) wissen, was er wirklich empfindet? Wie sollen Unzufriedenheit oder
Abneigung ein Ventil finden, wenn sie nicht mehr über das schlichte Zeichen des Phallus
verfügen?“ (153). Der Autor ergreift Partei für „den Mann“ und nimmt in kulturellen und
medizinischen Produkten überwiegend Gefahren für ihn wahr. So könnte die „emotionale
Intelligenz“, die übrigens, wie die feministische Diagnose meines Wissens lautet, bei
Männern bisher kaum je von einer Frau auszumachen wahr, „blockiert“ werden (ebd.). Auch
grosse Hollywood-Produktionen werden von ihm als Zeichen gedeutet, dass am Ende dieses
Jahrhunderts sexuell für Männer nicht mehr viel möglich ist. Titanic (Regie: James Cameron)
ist mit dem Werkzeug eines Lacan ganz anders ansehbar: „Die Erzeugung des
heterosexuellen Liebespaares ist der ultimative hermeneutische Bezugsrahmen für den Sinn
des Films.“ und „Wir sind versucht den Klassenunterschied (zwischen Rose und Jack) als
Erklärrung (für das Fehlschlagen der Beziehung) heranzuziehen, weil er uns erspart, die
inhärente Unmöglichkeit der sexuellen Beziehung anzuerkennen.“ (63)
Der „Banalität des Bösen“ wird als das psychoanalytische Element - gegen die Verkürzungen
der „autoritären Persönlichkeit“ - der gesteigerte Genuss beim Befolgen bürokratischer
Anordnungen oder der Ausführung von Mord und Folter zugefügt (94, 97). Selbstverständlich
folgt auch aus dieser Behauptung nichts weiter. Irgendwie ist alles Sex. Und alles ist
irgendwie real oder imaginär oder wirklich oder eine Verlängerung von dem Realen oder
Imaginären oder Wirklichen: Die Tatsache, „dass Radovan Karadzic, der Führer der
bosnischen Serben, ein Dicher ist [ist] mehr als ein Zufall: In gewisser Hinsicht waren die
ethnischen Säuberungen in Bosnien eine Fortsetzung (einer bestimmten Art) von Dichtung
mit anderen Mitteln.“ (110) Die „gewisse Hinsicht“ bleibt ebenso unbestimmt wie die
„bestimmte Art“ - aber darauf muss man erstmal kommen: Der mittelbare „Schreibtischtäter“
wird zum unmittelbaren Täter und dies steht mit den Tätigkeiten am Schreibtisch offenbar in
Wozu dienen all diese Beispiele? Was hält sie zusammen? Sie „belegen“, sie „zeigen“, dass
sich alles „verdinglicht“ überall Ersetzungsverhältnisse des Sozialen in ein imaginär Soziales
stattfinden und Widersprechendes findet sich für den Autor nicht. Das „Soziale“ jedoch wird
reduziert auf Hollywood-Filme, auf das Tamagotschi (es „züchtet . virtuelle Mörder heran“,
202), ein wenig Kapitalismuskritik (orientiert am Kommunitischen Manifest), dem Internet und
allem Virtuellen. An all diesen „Phänomenen“ erprobt sich der an Lacan geschulte Verstand
des Autors und siehe: Lacan hat immer Recht.
So wenn sich mit Kant und Sade auseinandergesetzt wird: hier die „reduzierte Variante“ von
Adorno und Horkheimer in der Dialektik der Aufklärung, die an Sade schätzten, dass er den
Preis der völligen Bejahung der Lüste kannte: „die radikale
Intellektualisierung/Instrumentalisierung/Reglementierung der auf den Lustgewinn
abzielenden (sexuellen) Aktivität.“ (27f.) Sade eröffne durch seine Radikalität der
Gesellschaft Raum für die Abwesenheit von „ideologischen Masken“.(29) Dort die Variante
des Lacan: wer dem eigenen Begehren Folge leiset erfüllt den Kantschen ethischen Akt, weil
diese Aussage gleichbedeutend sei mit „Seine Pflicht erfüllen“. (30) Der Sadismus des
Gesetzes sei die Wahrheit von Kants ethischem Rigorismus (29).
Ein wenig Angst lässt sich aus dem Text herauslesen, dass die „Ur-Konflikte“, die die
Psychoanalyse der Menschwerdung unterlegt, mit der alten Gesellschaft verrauchen und
verdampfen. Und was wird dann aus der praktischen Psychoanalyse, dem Broterwerb einer
Kaste? Was, wenn die Psychoanalyse zum Alltagsverstand wird, der sich selbst und ohne
die Hilfe der Experten, selbst zu er-kennen sucht? „Das Beispiel schlechthin für die
universalisierte Reflexivität unseres Lebens . ist vielleicht ein Phänomen, das den meisten
Psychoanalytikern nur zu vertraut ist: die wachsende Wirkungslosigkeit psychoanalytischer
Monday, 4 February 2013 • 3 taking place in our respective borders,” DEP Pennsylvania regulator to study Secretary Mike Krancer said. radioactivity in drilling wastes that requires landfills to monitor for radia- Pennsylvania’s environmental regulator sources in the shale gas production process, tion levels in incoming wastes, and that only Thursday announced plans to conduct a
National Standard for Commercial Vessels Thiprovides requirements for the first aid, medical supplies and associated equipment on board vessels and includes requirements relating to inventories; labelling; packaging and expiry date control of medicines and medical equipment; and the construction, location and marking of medical cabinets and first aid kits. It forms a normative (mandatory) part