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Schweizerische KopfwehgesellschaftSociété Suisse pour l’étude des céphaléesSocietà Svizzera per lo studio delle cefaleeSocietad svizra per il studi del mal il tgau 6. revidierte und erweiterte Auflage 2008 Schwangerschaft, Menstruation und Kontrazeption 18 Bei der vorliegenden Broschüre handelt es sich um die wesentlich überarbeitete Neuauflage der Therapieempfehlungen der Schweizerischen Kopf-wehgesel schaft, welche sich in der Schweiz seit Jahren in der Praxis bewährt haben. Neben diversen inhaltlichen Anpassungen wurde neu der Faltprospekt mit dem Überblick von der Schmerzklassifikation bis zur medikamentösen Behandlung in die Broschüre integriert. Zudem wurden die Empfehlungen um ein neues ausführliches Kapitel zum Thema „Gesichts-schmerzen“ erweitert. Wissenschaftliche Erkenntnisse nach evidenzbasierten Kriterien sowie die lang-jährigen, persönlichen Erfahrungen der Mitglieder unserer Therapiekommission, einem interdisziplinären Fachgremium, bilden gleichermassen die Basis dieser Ausgabe. Die Empfehlungen erfolgen unabhängig von administrativen Vorgaben wie Registrierung bei Swissmedic, Limitationen oder Kassenzulässigkeit. Um Übersichtlichkeit und Praktikabilität der Empfeh-lungen zu wahren, beschränken sich die Angaben ganz bewusst auf die zentralen Aspekte der Kopf-wehtherapie und sparen irrelevante Details aus. Damit wird eine Grundlage geschaffen, welche jeder Arzt, der Kopfwehpatienten betreut und behandelt, mit seinen eigenen, subjektiven Erfahrungen ergän-zen wird.
Baden, April 2008Dr. med. Christian MeyerPräsident der SKG Für die praktischen Belange unterscheiden wir zwi-schen primärem und sekundärem Kopfweh.
• Grundleiden zurzeit nicht bekannt; diese Kopfwehformen haben eine ausgeprägte Eigengesetzlichkeit mit sehr eindrücklicher Zeitstruktur • Keine organische Läsion fassbar• Primäre Kopfschmerzen sind Migräne, Cluster-Kopfweh, Spannungstyp-Kopfweh• Diagnose nach den aktuellen Kriterien der International Headache Society (IHS-Klassifikation 2003/2004, • Kopfschmerzen im Rahmen eines Grundlei- dens, das gesucht und behandelt werden muss; Übergänge zu primären Kopfweh-formen sind dabei immer möglich • Ausführliche Anamnese sowie allgemeine • Bei Verdacht auf neurologische Ausfälle oder eine ungewöhnliche Form Facharzt hinzuziehen • Diagnostik auch nach Einsetzen der Thera- pie überprüfen, insbesondere bei Therapie-resistenz • Die Diagnostik dient auch dem Abbau der • Nicht in jedem Fall besteht eine Behand- lungsnotwendigkeit; Untersuchungen und ein klärendes Gespräch können bereits genügen • Behandlungsplan in Übereinstimmung mit dem Patienten unter Berücksichtigung indi-vidueller Aspekte (Leidensdruck, Ängste, Überzeugungen) aufstellen • Mit dem Patienten muss besprochen wer- den, dass Kopfschmerzen meist Langzeit-probleme sind • Die eigenen Ressourcen der Patienten zur Verminderung des Leidensdrucks suchen und diese mobilisieren • Das Ziel ist nicht die Heilung, sondern Bes- • In erster Linie Behandlung durch den • Bei Therapieresistenz Zuweisung an den STELLENWERT DER LEBENSUMSTÄNDE. als Modulatoren der Kopfwehprobleme • Eine Biographie mit erweitertem Stamm- • „Unbeeinflussbare“ Faktoren wie Menstru- ation, Hormone, Wetter, unentrinnbare Nöte, festgefahrene Situationen etc. nicht als ausweglos anerkennen: Veränderungen der Lebensweise verändern auch solche Verläufe • Adäquates Selbstmanagement soll unter- • Cave: Unkontrollierte Selbstmedikation ist • Medikamente absetzen, die nichts nützen • Andere Noxen eliminieren (zu viel Alkohol, • Innere Ökonomie überprüfen (Leistungsbe- grenzung, echte Freizeit erleben, Tages-rhythmus, Selbstbestimmung) • Kopfwehkalender führen (möglichst schon 1 • Festlegung der Behandlungsstrategie: An- fallbehandlung oder Intervalltherapie versus Langzeitprophylaxe oder beides Die Resorption der verabreichten Medikamente sollte gewährleistet sein. Da die Gastrokinetik oft relevant eingeschränkt ist, braucht es unter Umstän-den ein Antiemetikum als Vorausmedikation. Dieses kann auch eine antimigränöse Wirkung haben.
Hier können NSAR und andere Analgetika genü-gen. Prinzipiell sind alle anwendbar, vorzugsweise als „rapid“ oder Granulatform.
Die Behandlung erfolgt mit Triptanen. Diese wirken spezifisch bei Migräne, haben die grösste Wirksamkeit und sol ten früh eingesetzt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Patient den Ablauf seiner Kopfweh-episode genau kennt. In der Reihenfolge der Marktein-führung sind heute folgende Triptane im Einsatz: Einzeldosis
Höchstdosis
Die Zeit bis zum Wirkungseintrit und die Dauer der analgetischen Wirkung sind bei den verschiedenen Triptanen unterschiedlich. Sind der Ef ekt eines Präpa-rats und die Darreichungsform ungenügend, kann auf ein anderes Präparat gewechselt werden.
Bei Kontraindikationen und Wirkungslosigkeit von Triptanen können parallel NSAR verwendet werden:Acetylsalicylat Nota bene: Niedrigere Dosen wirken deutlich
schlechter.
Cave: Keine Opiate
Die Erfahrung zeigt, dass Cinnarizin die Aura verkürzen kann. SPEZIELL BEI STATUS MIGRAENOSUS(mehr als 72 Stunden Dauer) Überweisung an den Kopfwehspezialisten oder Hospitalisation.
Wegen der Nachteile (Nebenwirkungsprofil, schlechte Verträglichkeit) ist die Bedeutung von Ergotaminpräparaten zurückgegangen. Eingesetzt wird allenfalls das Dihydroergotamin-Nasalspray.
Zur Langzeitprophylaxe werden auch nicht-medika-mentöse Massnahmen angewendet.
Psychotherapeutische Methoden für Patienten mit entsprechender Motivation: 1. Wahl: Techniken zur körperorientierten 2. Wahl: Verhaltenstherapeutische Massnahmen Geeignete Therapeuten sind vorderhand noch selten zu finden.
Komplementärmedizinische Methoden: Diese, ärzt-lich oder nicht-ärztlich durchgeführt, sind kontrovers. Die Resultate in der Praxis sind widersprüchlich. Es fehlen ausserdem Langzeitbeobachtungen.
• Mehr als 3 Anfälle im Monat• Sehr schwere oder lang andauernde Anfäl e • Protrahierte oder gehäufte Auren• Unverträglichkeit von Akuttherapeutika• Komorbidität beachten• Gefahr medikamentös induzierter Kopf- • Bei gutem Effekt (der sich nach spätestens 8 Wochen zeigen sollte), Langzeitprophylaxe für 6-12 Monate • Bei eindeutigem, subjektivem Erfolg, Aus- • Bei Rezidiv innerhalb von 6-12 Monaten, längere Basisbehandlung, evtl. mit anderem Medikament; das gleiche Medikament sol te man nur dann verwenden, wenn der Patient dieser Substanz gegenüber positiv einge-stel t ist; oft ist eine Dosiserhöhung nötig • Bei längerer Therapieresistenz eventuell Kombination prophylaktischer Medika-mente und sehr viel längere Behandlungs-dauer Akutmedikamente sol en nicht zur Langzeitbehand-lung verwendet werden! Eine Monotherapie ist anzustreben. Bei ungenügender Wirkung kommen auch Kombinationen in Frage. Leider kann die Wirk-samkeit bestimmter Medikamente im Einzelfal nicht vorausgesagt werden.
Dennoch werden bei sympathikotoner Reak-tionslage zunächst Betablocker und bei Kälte-überempfindlichkeit und Tendenz zu kalten Akren Kalziumantagonisten bevorzugt. Ferner muss „mit den Nebenwirkungen gezielt werden“. Wegen häu-fig eintretender Gewichtszunahme werden Flunari-zin, Pizotifen, Amitriptylin und Doxepin bei überge-wichtgefährdeten Konstitutionen vermieden, ebenso die Betablocker bei Asthmatikern, Psoriatikern und Diabetikern. Oder es werden erwünschte Nebenwir-kungen gezielt eingesetzt, zum Beispiel die Sedation durch Amitriptylin oder die laxative Wirkung von Magnesium.
Wirksamkeit bei Migräneprophylaxe nur sehr begrenzt, v.a. indiziert bei Kombinationskopfweh (Migräne und Spannungstyp) und bei depressiver Komponente; wirksame Dosis meist geringer als für antidepressiven Effekt nötig (10-50%). Start: kleine Dosen (Cave: Sedation, anticholinerg); langsame Dosissteigerung; sedierende Antidepressiva (Ami-triptylin, Trimipramin, Doxepin) bei Schlafstörungen abends, antriebssteigernde (Fluoxetin, Clomipramin, Nortriptylin) bei Antriebsstörung und Müdigkeit mor-gens und mittags; genügend hohe Dosis (je nach Verträglichkeit) anstreben; Wirkungseintritt erst nach 6-8 Wochen. Trizyklika:Amitriptylin, Imipramin, Nortriptylin SSRI:Wirksamkeit fraglich; deutlich weniger Nebenwirkungen (wenig Studien vorhanden):Fluoxetin (schmerzdistanzierend)Fluvoxamin Cave: sedierend
Lamotrigine, speziell bei Migräne mit Aura,
Valproat, bei schwerer Therapieresistenz, nach Leber-Screening Cave: Schwangerschaft ausschliessen und verhüten,
Verordnung nur durch Neurologen
Riboflavin (Vitamin B2) kurz einschleichend Gemeinsame Betreuung des Patienten mit dem Neurologen.
Gemeinsame Betreuung des Patienten mit dem Neurologen.
• Medikamente möglichst vermeiden• Höchstens einfache Analgetika und NSAR • Tägliche Entspannungsübungen• Täglich leichtes Ausdauertraining• Kopfwehtagebuch• Antidepressiva• Magnesium analog der Migräneprophylaxe Bei gemischten Kopfwehformen stellt sich die Frage, ob eine Akut- und/oder eine Langzeitbehandlung angezeigt ist.
• Sehr individuell• Prioritäten im Verlauf neu festlegen• Nicht vergessen: zu häufige Akutbehand- von Analgetika besteht die Gefahr von Schmerzmittel-Kopfweh; Obergrenzen nach Richtlinien der IHS (International Headache Society): maximal 10 Einnahmetage pro Monat • Wichtigste Massnahme: vollständiger Ent- zug der Analgetika (oft nur stationär durch-führbar) • Über begrenzte Zeit kann versucht werden, die Analgetika „sanft“, d.h. ambulant und unter Prophylaxe-Schutz, allmählich abzu-bauen • Falls dies misslingt oder ein Scheitern vor- aussehbar ist: Akutes Absetzen in einer Klinik, unter Prophylaktika-Schutz, Aufent-haltsdauer 10 Tage; danach Weiterführung der Prophylaxe • Nota bene: Eine Prophylaxe hat keinen Effekt bei anhaltendem Medikamentenüber-gebrauch Grundsätzlich sollen in der Schwangerschaft weder Akut- noch Langzeitbehandlungen gegen Migrä-ne oder verwandte Kopfwehformen durchgeführt werden. Eine vitale Indikation besteht kaum. Zudem muss die Unschädlichkeit der gewöhnlich verwende-ten neurotropen Substanzen auch bei entlastenden Tierversuchresultaten in Frage gestellt werden, da alle diese Substanzen mit dem in rascher Entwick-lung stehenden fötalen Nervensystem interferieren. Falls wirklich unumgänglich: • Acetylsalicylsäure im 1. und 2. Trimenon• Paracetamol, Anwendung jedoch nur Die rein menstruelle Migräne tritt an den Zyklusta-gen -2 bis +3 auf. Sie ist durch das Fehlen einer Aura und das schlechte Ansprechen auf übliche Therapieformen gekennzeichnet. Ursächlich spielt der Östrogenabfall gegen Zyklusende eine Rolle.
• Ovulationshemmende Gestagene (Cerazette)• Estradiol transdermal 50-100µg ab Tag -4 bis Tag 2; dann langsam absetzen, da sonst Östrogenentzugs-Kopfweh durch Pflaster entstehen kann • Cerazette, Implanon, Depo-Provera, IUPs• Relativ oder absolut (bei kardiovaskulären Risikofaktoren) kontraindiziert sind ethinyl-östradiolhaltige Verhütungspräparate (Pil en, Pflaster, Vaginalring) • Cerazette, Implanon, Depo-Provera, IUPs• Absolut kontraindiziert sind ethinylöstradi- olhaltige Verhütungspräparate (Pillen, Pfla-ster, Vaginalring) • Cerazette (neben Verhütung therapeutischer • Langzeitgestagene nur bei sicherer Verträg- lichkeit; IUPs erlaubt, vorzugsweise Kupfer-IUP • Relativ oder absolut (bei kardiovaskulären Risikofaktoren) kontraindiziert sind ethinyl-östradiolhaltige Verhütungspräparate (Pil en, Pflaster, Vaginalring) Auch beim Kind sind eine ausführliche Anamnese sowie eine al gemeine klinische und neurologische Untersuchung die wichtigsten Elemente der Diagnostik. Bildgebende Verfahren sind selten indiziert. Schul-situation, Freizeitgestaltung, eventuel e Überforderung durch Sport, Tanz, Musik, Ernährungs- und Schlafge-wohnheiten sind abzuklären. Die Angst der Eltern vor einem Hirntumor ist abzubauen.
Die Behandlung muss die verschiedenen Formen und die Unterschiede des Verlaufs der Migräne-Anfäl e beim Kind berücksichtigen. Kopfwehtagebuch und Anfal skalender sol ten geführt werden.
• Möglichst keine Medikamente• Entspannungsübungen Da Kinder bei einer Migräne-Attacke meist schnell schlafen gehen wollen und den Anfall „ausschla-fen“, sind in der Regel keine Akutmedikamente indiziert.
Analgetika/NSAIDs:Acetylsalicylsäure 10mg/kg Antiemetika (selten indiziert):Cyclizin (Tbl.) Triptane:Sumatriptan (ab12 Jahren)Nasalspray Die Erfahrung zeigt, dass Riboflavin und Magnesi-um besser toleriert werden als Flunarizin, welches für Kinder unter 12 Jahren nur selten indiziert ist. Für Kinder und Jugendliche werden folgende Dosen empfohlen: Cave: Überdosierung kann zu depressiver Verstimmung
führen.
Magnesium
1. Wahl
Carbamazepin
Initial 200-400mg (ältere Personen 100-200mg), tgl. stei-
gern um 50mg bis 800mg/Tag, verteilt auf 3-4 Dosen/Tag
Cave: Kontrolle von Leberparameter und Serumspiegel
Oxcarbazepin
Initial 150-300mg, alle 3-5 Tage um 150-300mg steigern
bis 900-1800mg/Tag
Cave: Hyponatriämie
2. Wahl ClonazepamInitial 0.25-0.5mg bis max. 6-8mg/Tag GabapentinInitial 100-300mg, alle 2 Tage um 100-300mg stei-gern bis zur individuell maximal verträglichen Dosis (bis 3600mg/Tag, verteilt auf drei Dosen von je max. 1200mg) Lamotrigin
12.5mg, zweiwöchentlich steigern um 25mg bis max.
200mg/Tag
Cave: allergische Hautreaktionen
Pregabalin Initial 75mg, alle 3 Tage um 75mg steigern bis 150-600mg/Tag, auf zwei Dosen verteilt ValproatInitial 300mg, alle 2-5 Tage um 300mg steigern bis 20-30mg/kg/Tag 3. WahlKombinationen von Antiepileptika mit Trizyklika sind beschrieben. Trizyklische Antidepressiva, beispielsweise Clomipramin und AmitriptylinInitial 25mg, alle 3-5 Tage steigern bis 150mg/Tag 4. WahlChirurgische VerfahrenDie Indikation ist interdisziplinär zu stellen.
Chirurgische Eingriffe zur Behandlung von Migräne und bei Spannungstyp-Kopfweh sind unbedingt zu vermeiden, solange kein einwandfreier Wirksamkeits-nachweis (unabhängig von den Chirurgen) vorliegt.
Bei atypischen Gesichts-, Kiefer- und Zahnschmerzen und bei chronischem Cluster-Kopfweh ist ein Eingriff in Spezialfäl en indiziert.
Bei sicher festgestel ter idiopathischer Trigeminusneu-ralgie, die auf Medikamente nicht anspricht, ist ein neurochirurgischer Eingriff indiziert. Die Liste gibt einen Überblick über die in der Schweiz gegen Kopfschmerzen verwendeten Medikamente. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vol ständigkeit. Selbst-verständlich können jeweils auch die entsprechenden Generika verwendet werden.
Wir danken unseren Partnerfirmen für ihre freundliche Unterstützung: Schweizerische Kopfwehgesel schaft
c/o IMK Institut für Medizin und Kommunikation AG
Münsterberg 1
4001 Basel

Source: http://www.imk.ch/download/Content/broschueren/SKGTherapieempfehlung2008.pdf

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