[Studien - ] Publiziert 2001-02-03 00:00:00
Prionenforscher Roland Heynkes
Am Freitag den 24. November 2000 war die Arena-Sendung vom
Schweizer- Fernsehen zum Thema BSE. Nachdem alle nur immer vom
Fleischmehl sprachen, brachte ich das Thema Nervengifte und BSE in die
Runde. Nach der Sendung sagte mir Frau Dagmar Heim vom Bundesamt
für Veterinärwesen auf meine Kritik an der offiziellen BSE - Politik, auch
der wissenschaftliche Steuerungsausschuss der EU hätte bestätigt, dass
es keinen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Nervengiften
und BSE gebe. Ich gab ihr zur Antwort, diese Herren hätten ja die
Motto unserer Beamten: - Was nicht sein darf, ist nicht ! -(Urs
Dies bestätigt nun auch Prionenforscher Roland Heynkes.
Das SSC erkannte nicht den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Phosmet und der BSE-Epidemie in Großbritannien
Roland Heynkes, 3. Februar 2000 (zuletzt aktualisiert am 15.3.2001)
Die für kleine, politisch überhöhte Expertengremien typische
Überforderung, wurde im Falle des SSC bereits im Juni 1998 sehr
deutlich. Damals erklärte das SSC, es gebe keinerlei wissenschaftliche
Hinweise auf mögliche Zusammenhänge zwischen BSE und der
Anwendung von Organophosphaten als Pestizide gegen Rinderparasiten.
Hätte man wenigstens den britischen Biobauern Mark Purdey als Urheber
der Organophosphat-Hypothese angehört, dann hätte dieser das SSC
sicher gerne auf eine von ihm initiierte und bereits am 11. Mai 1998
publizierte Arbeit [2] hingewiesen, für die er auch noch selbst die
Finanzierung organisiert hatte. Das Organophosphat Phosmet mit dem
chemischen Namen Dithiophosphorsäure-O,O-dimethyl-S-
phthalimidomethylester hatte in den üblichen, noch nicht
zellschädigenden Konzentrationen, selektiv die Menge der normalen
Prionproteine auf den Zelloberflächen menschlicher Neuroblastomzellen
erhöht [2]. Es ist lange bekannt, daß diese vermutlich durch einen
verzögerten Abbau bewirkte Vermehrung der Prionproteine durch
Phosmet, die Inkubationszeit von BSE verkürzt [1,3,4]. Sehr
wahrscheinlich hat Phosmet im lebenden Rind die gleiche Wirkung und
kann dadurch die Zahl der BSE-Fälle deutlich erhöhen.
Zu gerne würde man kategorisch ausschließen, daß die Fehleinschätzung
des SSC etwas mit den hohen Schadensersatzforderungen zu tun hat, die
der britischen Regierung wegen des von ihr erzwungenen Phosmet-
Einsatzes drohen. Aber den zuständigen britischen Wissenschaftlern und
Politikern waren die besorgniserregenden Ergebnisse der Phosmet-Studie
schon vor ihrer Veröffentlichung bekannt. Wieso also hat dieses Wissen
das SSC nicht erreicht? Wurden dem SSC absichtlich Informationen
vorenthalten? Eine streng wissenschaftliche Untersuchung hätte auch
durch die enorme wirtschaftliche Bedeutung der Produktion und
Anwendung von Organophosphaten nicht beeinflußt werden dürfen.
Warum aber hat dann das SSC nicht einmal den Urheber der Phosmet-
Hypothese befragt und selbst nach anderthalb Jahren seine offensichtlich
falsche Position immer noch nicht korrigiert? Da drängt sich doch
zumindest die Forderung nach unabhängiger politischer und
wissenschaftlicher Kontrolle des SSC auf. Durch sein Beharren auf einem
längst widerlegten Standpunkt weckt das SSC Zweifel an seiner
Aufnahmefähigkeit für extern vorhandene Informationen und kann
keinesfalls die Rolle eines Sprechers für die gesamte Prionforschung
Experten und Regierungen sind daher gut beraten, die Ausführungen des
SSC als nützliche Informationsquelle durchaus zu nutzen, sie aber nicht
ungeprüft als der Weisheit letzten Schluß zu akzeptieren. Immerhin ist
der Phosmet-Effekt nicht nur wissenschaftlich interessant oder wichtig für
eine juristische Vergangenheitsbewältigung. Er könnte auch endlich
erklären, warum es außerhalb Großbritanniens trotz bedeutender Exporte
von Rindern und Tiermehl so wenige BSE-Fälle gab [5]. Gerade
Deutschland wird deshalb der Vertuschung von BSE-Fällen verdächtigt.
Wenn Phosmet Menschen für BSE-Infektionen empfänglicher macht und
zusätzlich die Inkubationszeit verkürzt, dann muß außerdem sein Einsatz
umgehend verboten werden und das SSC trägt nicht gerade dazu bei. Um
die ostenglische Ortschaft Ashford in Kent, in der Organophosphate
produziert und in deren Umgebung diese massiv im Hopfenanbau
eingesetzt werden, bekamen bereits sieben Menschen die neue Variante
der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Zwei davon sollen sogar strikte
Die Entdeckung des Phosmet-Effektes sollte aber auch mißtrauisch
gegenüber anderen Insektiziden machen. Es macht ja keinen Sinn,
Phosmet durch ähnlich auf BSE-Infektionen wirkende Wirkstoffe zu
Ivermectin (Ivomec) und Eprinomectin (Eprinex) sind zum Beispiel
Avermectin-Derivate der zweiten Generation und gehören zur
Substanzklasse der Makrozyklische Laktone. Der Wirkmechanismus aller
Avermectine und Milbemycine beruht auf der Erhöhung der
Membrandurchlässigkeit von Nervenzellen bei Nematoden und von
Nerven- und Muskelzellen bei Arthropoden (Außenskeletttieren) für
Cloridionen. Die Nervenzellen verlieren dadurch die Fähigkeit zur
Weiterleitung von Impulsen, sodaß alle Muskeln erschlaffen und die Tiere
(meist Schadinsekten wie die Dasselfliege) durch Lähmung sterben.
Die Avermectine bewirken dies auf zwei Wegen. Zum einen stimulieren
sie als Agonisten der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) die
präsynaptische Freisetzung des hemmend wirkenden Nervenbotenstoffes
GABA und erhöhen gleichzeitig die Affinität der postsynaptischen GABA-
Rezeptoren für GABA an den von GABA gesteurten Kanälen für
Chloridionen. Zum anderen reagieren aber auch GABA-unabhängige
Chloridionen-Kanäle auf die Avermectinbindung und in beiden Fällen
werden die Chlorid-Kanäle durchlässiger. Bei den GABA-unabhängigen
Kanälen handelt es sich insbesondere um die für wirbellose Tiere
typischen und bei höheren Tieren nicht vorkommenden Glutamat-
aktivierten Chloridkanäle. Bei Versuchen mit Kälbern wurde außerdem ein
signifikanter Anstieg der Pseudocholinesterase im Serum beobachtet.
Ivomec und Eprinex wirken also neurotoxisch und bei Säugetieren speziell
auf die Regulation des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure.
Zufällig scheint das normale zelluläre Prionprotein zumindest bei
bestimmten Nervenzellen ebenfalls ein GABA-Agonist zu sein
[BXE,FUD,FXR] und daher sollte im Hinblick auf die relativ überraschende
Entdeckung der Wirkung von Phosmet auf die Expression des normalen
Prionproteins überprüft werden, ob nicht Nervengifte im Allgemeinen und
GABA-Agonisten im Besonderen einen ähnlich unerwünschten Effekt auf
die Emfänglichkeit für BSE-Infektionen haben können.
Copyright Roland Heynkes, 3. Februar 2000
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