Zwischen Forschungskosten und Shareholder Value – die pharmazeutische Industrie als WirtschaftsfaktorDr. med. Michael C. Müller, MünchenDie Pharmaindustrie gehört zu den Industriezweigen mit den höchsten Investi- tionen in Forschung und Entwicklung. Ihre große Innovationskraft macht die Unternehmen hoch profitabel und beschert ihnen zweistellige Wachstumsra- ten. Dr. Michael C. Müller, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, analysiert die Stellung der Pharmaindustrie auf dem Weltmarkt.
Gemessen am Umsatz gehört die pharmazeuti-
Unter den Top 10 der führenden Pharmaunter-
sche Industrie weltweit zu den zehn größten
nehmen ist, anderes als noch vor einigen Jah-
Industriezweigen. Sie steht derzeit an zehnter
ren, kein deutsches Unternehmen mehr vertre-
Stelle, obwohl sie – gemessen an den Mitarbei-
ten (Abb. 1). Die umsatzstärksten deutschen
terzahlen – um ein vielfaches kleiner ist als die
Unternehmen Boehringer Ingelheim, Bayer und
Elektro-, Ernährungs-, Metall- und Automo-
Schering stehen derzeit auf den Plätzen 17 bis 19
der Umsatzrangliste. Generell wird der weltweitePharmamarkt von US-Unternehmen dominiert.
Die pharmazeutische Industrie erwirtschaftet
Nur noch vier europäische Konzerne, Glaxo-
weltweit einen Umsatz von rund 400 Milliar-
SmithKline, Novartis, AstraZeneca und Aven-
den EUR. Wobei die Hälfte des Umsatzes in
tis, konnten sich in der Spitzengruppe halten.
Nordamerika mit nur fünf Prozent derMenschheit generiert wird. Der zweitgrößte
Forschungshochburg USA
Einzelmarkt nach den USA und Kanada ist Ja-
Alle führenden europäischen Unternehmen
pan, ebenfalls mit einer vergleichbar eher klei-
verlagern ihre Aktivitäten in Forschung und
nen Bevölkerung. Deutschland, als der größte
Entwicklung (F&E) mehr und mehr in die
europäische Pharmamarkt, folgt auf Rang drei
USA oder nach Asien. Die regionale Nähe zum
mit einem Anteil von fünf Prozent an den
wichtigsten Pharmamarkt ist ein Grund für die
Verlagerungen nach Nordamerika, aber auchBehandlungsvorlieben und der Einfluss von
Die Wachstumsraten der pharmazeutischen In-
Meinungsbildnern. Weitere Beweggründe sind
dustrie sind mit zehn Prozent deutlich höher
bessere Zugänge zu Ressourcen, insbesondere
zu hochqualifizierten Mitarbeitern, die stärkere
wie vor ist auch der Konsolidierungsprozess
Vernetzung zwischen Wirtschaft und Wissen-
innerhalb der Pharmaindustrie noch nicht ab-
schaft sowie die Zusammenarbeit mit renom-
geschlossen. So wird der Marktführer, das US-
mierten Universitäten. Zudem steht die ameri-
Unternehmen Pfizer, nach Abschluss der Ak-
kanische Bevölkerung neuen Technologien,
wie der Bio- und Gentechnik, aufgeschlossener
Dr. Michael C. Müller:»Pharmazeutische Industrie heißt Innovation, Investition in Forschung und Entwicklung zur Ver-besserung der Lebensqualität und Verlängerung des Lebens.«Anschrift | Dr. med. Michael C. Müller, Roland Berger Strategy Consultants, Arabella Straße 33, 81925 München
Noch vor zehn Jahren investierten europäische
Unternehmen weit über 70 Prozent ihrer F&E-
Aufwendungen in Europa. Inzwischen ist der
Lipitor (7,2); Norvasc (4,0)
Anteil auf weniger als 60 Prozent gesunken. GlaxoSmithKine Paxil (3,0); Augmentin (2,3)
Diese Verteilung von Forschungsgeldern spie-
Merck & Co. Zocor (7,4); Vioxx (2,8) Diovan (1,3);
gelt sich auch in den Ergebnissen der For-
Novartis Sandimmun Neoral (1,2)
schung wider: Vor zehn Jahren kamen aus Eu-
AstraZeneca Prilosec (6,3); Zestril (1,2) Glucophage (2,9);
ropa mehr als doppelt so viele neue Wirkstoffe
Bristol-Myers Squibb Pravachol (2,3)
wie aus den USA. Heute liegen die USA bei der
Allegra (1,7); Lovenox (1,3)
Zahl der Neuentwicklungen deutlich vorn. Je-
Johnson & Johnson Procrit (3,8); Risperdal (2,1)
doch nimmt die absolute Anzahl der neuent-
Pharmacia Celebrex (3,5); Ambion (1,0)
wickelten Substanzen trotz steigender Umsätze
Zyprexa (3,5); Fluoxetine (2,1)
ab: Vor 15 Jahren gab es weltweit 60 Zulas-
Boehringer Ingelheim Flomax (0,6)
sungen neuer Wirkstoffe pro Jahr; im letzten
Ciprobay (1,9)
Jahr waren es mit 38 über ein Drittel weniger. Schering AG Betaferon (0,7);
Wachstum der Unternehmen gekoppelt mitwissenschaftlichem Fortschritt und immens
Abb. 1 | Weltweit führende
steigenden F&E-Aufwendungen keineswegs
Pharmaunternehmen 2001. US-Unternehmen
eine Garantie für einen Anstieg der Erfolgs-
wenigen Jahren aus Schweineserum oder aus
Neue Forschungsstrategien
weil es nicht möglich war, virusfreie Faktor
Der Anteil biotechnologisch hergestellter Arz-
XIII-Präparate zu gewinnen. Mit rekombi-
neistoffe an den Neuzulassungen nimmt stetig
nanten Arzneimitteln können Ärzte ihre Pa-
zu. In den vergangenen 20 Jahren ist er von
annähernd null auf mehr als 20 Prozent ange-stiegen und wird in den nächsten Jahren noch
■ Sie entwickelt neue Galeniken, also Darrei-
deutlich zulegen. Viele biotechnologische Pro-
dukte sind so genannte Blockbuster, die mehr
Arzneimitteln verbessern, wie beispielsweise
als eine Milliarde US-Dollar Umsatz erzielen.
transdermale Pflaster für die Hormonersatz-
Mit Hilfe der Biotechnologie können Forscher
zu den molekularen Ursachen der Krankheitenvordringen und neue, kausale Therapien ent-
Steigender Innovationsdruck
wickeln. Biotechnologische Produkte kommen
Das Herz der pharmazeutischen Industrie ist
zum Beispiel in der Onkologie, bei Diabetes,
die Innovation. Zwischen 15 und 25 Prozent
Multipler Sklerose und verschiedenen Formen
ihres Umsatzes investieren forschende Phar-
mafirmen in Forschung und Entwicklung. Da-gegen sind die Reinvestitionen in anderen
Bei der Suche nach neuen Substanzen, verfolgt
Branchen, beispielweise bei führenden Techno-
die pharmazeutische Industrie mehrere An-
logie- oder auch Automobilunternehmen mit
zwei bis vier Prozent vergleichsweise gering.
■ Sie sucht und entwickelt neue Substanzklas-
Und im Gegensatz zu anderen Branchen finan-
sen, die erstmals Heilung bringen sollen (Ge-
ziert die Pharmaindustrie ihre F&E-Aktivitä-
ten ohne staatliche Subventionen aus eigenen
■ Sie erschließt neue Anwendungsgebiete für
Der Innovationsdruck nimmt stetig zu. Die
F&E-Ausgaben der pharmazeutischen Industriehaben sich in einem relativ kurzen Zeitraum
■ Sie führt neue biotechnologische Herstel-
verdreifacht. Denn die Nutzungsdauer der Pa-
lungsverfahren ein, die das Sicherheitsprofil
tente für neue, bahnbrechende Therapien, ist von
bei den führenden Herstellern Patente für Me-
Staatliche Finanzierung (Mio. EUR)
dikamente auslaufen, die zwischen 10 und 50
Prozent zum Umsatz beitragen (Abb. 3). Nur
mit innovativen patentgeschützten Präparatensind die Hersteller vor dem Preisdruck der Ge-nerika gefeit.
Druck kommt auch von Seiten der Politik. Die
Chemische Maschinen- Nachrichten- Automobil- Luft- und
Finanzierungsprobleme der Gesundheitssys-
zeutische Industrie beitendes industrie Raumfahrt-
teme nehmen stetig zu. Die nationalen Regie-
Industrie insgesamt
rungen reagieren darauf mit immer neuen Ver-
suchen der Kostendämpfung, die oft daraufausgelegt sind, im Arzneimittelsektor zu sparen.
Abb. 2 | Anteil F&E-Eigen-
über zehn Jahren in den 60er Jahren auf heut-
finazierungsquote im Bran-
zutage unter ein Jahr zurückgegangen. Eine der
Profit und Shareholder Value chenvergleich (%). Im
letzten Blockbuster-Innovationen waren die
Ungelöste medizinische Probleme, Preiskampf
Cox-2-Inhibitoren, neuartige Schmerz- und
mit Generika und Me-too-Anbietern, Kosten-
Rheumamittel. Pharmacia hatte nach Einfüh-
druck innerhalb der Gesundheitssysteme: Das
rung nur neun Monate Produktexklusivität,
alles sind Faktoren, die der Pharmaindustrie
bis der erste Wettbewerber seinen eigenen
keine andere Wahl lassen, als in Innovationen
zu investieren. Davon profitiert sowohl der
Patient, der am wissenschaftlichen Fortschritt
Eine weitere Ursache für den steigenden Inno-
durch die bestmögliche Therapie teilnimmt,
vationsdruck, liegt im teilweise zweistellig
als auch die Pharmaindustrie. Denn sie erwirt-
wachsenden Marktanteil der Generika. Diese,
schaftet trotz der hohen Innovationskosten
Abb. 3 | Umsatzanteil von Produkten, deren Patente
vom Patentschutz befreiten, Präparate können
in den Jahren 2001 –2005
ohne die hohen F&E-Kosten kopiert werden.
und stellt damit Automobil- und Telekomfir-
auslaufen (%). Fast alle
Entsprechend gering sind die Preise, mit denen
men tief in den Schatten. Die Pharmaindustrie
die Originalhersteller konkurrieren müssen.
war in den letzten Jahren für Aktionäre höchst
Die Wachstumsraten für Generika liegen in
attraktiv. Unter den 50 wertvollsten Unterneh-
Märkten wie Deutschland oder Dänemark bei
men der Welt befinden sich elf Pharmafirmen.
40 bis 100 Prozent. Daher ist die Konkurrenz
Die Marktkapitalisierung von pharmazeuti-
durch Nachahmerpräparate eines der größten
schen Unternehmen, also der Wert der Aktien
Probleme für die forschende pharmazeutische
des Unternehmens an der Börse, beträgt das
Industrie. In den nächsten fünf Jahren werden
fünf- bis siebenfache ihres Umsatzes. Selbstdas teuerste Unternehmen der Welt, GeneralElectric, liegt mit einer Marktkapitalisierung
Umsatzanteil von Produkten, deren Patente in den Jahren 2001 – 2005 auslaufen (%)
in Höhe des dreifachen Umsatzes weit hinter
Die Stellung der pharmazeutischen Industrie
zwischen Kosten und Nutzen lässt sich nichtnur in blanken Zahlen messen. Vielmehr leis-
Schering Novartis
tet dieser innovative Industriezweig einenmaßgeblichen Beitrag zu einem unserer wert-
Top-Produkte – Umsatz 2000 (Mio. USD)
1 Pfitzer ohne Warner-Lambert und Pharmacia2 Abbot inklusive BASF
The follicle five: Battle against baldness Dateline follows five men on different hair treatments By Rob Stafford Dateline NBC Updated: 6:16 p.m. ET Nov. 26, 2004 They are Dateline's version of the '"Fab Five," five proud men at thepinnacle of their lives -- and life is good, except for one thing. They'reall losing their hair. For men, going bald or having thinning hair can be an extr
Publikationen von PD Dr. med. H. Haberl Adolphs N, Klein M, Haberl EJ , Menneking H, Hoffmeister B. Frontofacial advancement by internal distraction devices. A technical modification for the management of craniofacial dysostosis in early childhood. Int J Oral Maxillofac Surg. 2012 Jun;41(6):777-82. Schulz M, Goelz L, Spors B, Haberl H , Thomale UW. Endoscopic treatment of isolated four